Gold Wochenausblick: Geopolitik schiebt Gold weiter nach oben – auch Inflationsgefahr keineswegs gebannt
Zwar hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass geopolitisch bedingte Erholungen in der Regel nicht von Dauer sind... Anders verhält es sich jedoch, wenn es gelingt, den Preis auf ein Niveau zu heben, auf dem auch technische Käufe einsetzen, die diesen initialen Schub dann fortsetzen!
- Aktuelle Gold Analyse 15.02.2022: Chartanalyse, Wochenausblick, Setups und mehr – für aktive Daytrader
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Überblick: Gold, das große Bild
Nachdem sich Gold in der vergangenen Woche schon grundsätzlich weiter positiv entwickeln und um die 1.830-Dollar-Marke herum einpendeln konnte, folgte am Freitagnachmittag ein mächtiger Schub, der das Edelmetall bis zum Börsenschluss auf in der Spitze über 1.865 Dollar katapultierte. Nach leichter Korrektur zum Wochenstart setzt sich diese Aufwärtsbewegung, vor allem angesichts der weiter zunehmenden geopolitischen Spannungen auf Grund Russlands militärischer Drohkulisse im ukrainischen Grenzgebiet, nun weiter fort. Der ukrainische Präsident Zelensky richtete sich gestern Abend in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung und bereitete sie auf den Beginn von Kampfhandlungen vor. Als wahrscheinlichstes Datum nannte er den morgigen Mittwoch (Muttersprachler erwähnten den sarkastischen Unterton des früheren Comedians und interpretierten die Wortwahl und Angabe eines konkreten Termins als Ironie. Schwer zu beurteilen von hier aus, wenn dem so ist, hat der Mann jedenfalls Nerven.).
Die freitägliche sehr konkrete Warnung zunächst der USA, später auch weiterer Staaten, vor einer jederzeit möglichen Invasion Russlands in das Nachbarland, samt drastischem Flächenbombardementszenario, und deren Aufforderungen an ihre Staatsbürger zur unverzüglichen (und selbständigen) Ausreise, brachten die Finanz- und Rohstoffmärkte zum Wochenschluss noch einmal ordentlich in Bewegung. Selbstverständlich gerät Gold in einem solchen Umfeld immer auf Grund des Save-Haven-Arguments in den Fokus, in diesem Fall ist dies jedoch nicht das wirklich entscheidende. Vielmehr sorgen die Spannungen in der Ukraine für eine Art perfekten Sturm im Rohstoffsektor. Russlands Wirtschaft sind im Grunde Rohstoffe, deren Export sowohl für das Land selbst, aber auch für andere, wie Europa, von existenzieller Bedeutung. Drohende Embargos wären ein Problem für alle. Öl erreichte am Freitag den höchsten Stand seit September 2014, die Erdgas- und Strompreise in Europa stiegen um mehr als zehn Prozent, Basismetalle, wie Aluminium, explodieren geradezu. Große Bewegungen auch im Agrarbereich, wo Weizen aufgrund von Befürchtungen über die Frachtströme im Schwarzen Meer in die Höhe schießt. All dies sind sehr schlechte Nachrichten für politische Entscheidungsträger, die auf eine Verlangsamung der Inflation in der zweiten Jahreshälfte hoffen. Und nicht nur, dass dies die Inflation weiter anheizt, gleichzeitig trüben sich die Wachstumsaussichten ein, was der Weltwirtschaft einen doppelten Schlag zu versetzen droht. Das ist eine beunruhigende Kombination für die US-Notenbank und andere Zentralbanken, die versuchen, den stärksten Preisdruck seit Jahrzehnten einzudämmen, ohne die Erholung von der Pandemie zu gefährden.
Apropos politische Entscheidungsträger: erste Versuche, die Zinserwartungen wieder zu dämpfen, gibt es nun bereits beiderseits des Atlantiks, trotz der jüngsten Inflationsrate auf 40-Jahreshoch (USA). Während man sich in Europa in dieser Hinsicht bislang ohnehin zurückhaltend zeigte und sich Christine Lagarde in einem am Freitag veröffentlichten Interview noch einmal für ein sehr zurückhaltendes Vorgehen aussprach, rudern nun auch einige Beamte der US-Fed zurück. „Maßvoll und datenabhängig“ solle der neue Kurs sein, das klingt schon anders als Jerome Powells Pläne noch vor Kurzem. Bei weiterer Eskalation im Osten Europas droht damit ein veritables Stagflationszenario, mit schrumpfendem Wirtschaftswachstum und steigender Inflation. Insbesondere der dann wohl unvermeidliche Ölschock dürfte problematisch werden. Laut Bloomberg Economics würde ein Anstieg des Rohölpreises von etwa 70 Dollar Ende 2021 auf 100 Dollar bis Ende dieses Monats die Inflation in den USA und Europa in der zweiten Jahreshälfte um etwa einen halben Prozentpunkt ansteigen lassen. JPMorgan warnt, dass ein Anstieg auf 150 Dollar pro Barrel in diesem Jahr die globale Expansion fast zum Stillstand bringen und die Inflation auf über sieben Prozent ansteigen lassen würde, mehr als das Dreifache der von den meisten Geldpolitikern angestrebten Rate. Die Wahrscheinlichkeit einer deutlichen Verlangsamung des globalen Wachstums wäre groß. Die große Hoffnung ist, dass das Wissen auch um diese Aussichten die Bemühungen am Verhandlungstisch beiderseits erhöhen, nichtsdestotrotz dürften die mittlerweile in vielen Rohstoffen enthaltenen Risikoprämien auch bei positiven Entwicklungen und weiterhin friedlichem Fortgang nicht von heute auf Morgen verschwinden. Gold bleibt damit als „Inflations-Asset“ nach wie vor interessant.
Gold - Betrachtung im 4h Chart und Setups für die kommenden Tage
Mit der sich im Laufe des vergangenen Freitags zusehends zuspitzenden Situation auf der weltpolitischen Bühne entlud sich auch die im Tageschart gut zu erkennende Spannung (eingezeichnetes Dreieck) des auf eine Richtungsentscheidung geradezu drängenden Goldmarktes. Zwar hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass geopolitisch bedingte Erholungen in der Regel nicht von Dauer sind. Anders verhält es sich jedoch, wenn es gelingt, den Preis auf ein Niveau zu heben, auf dem auch technische Käufe einsetzen, die diesen initialen Schub dann fortsetzen. Mit der ersten kräftigen Bewegung über den Widerstand bei 1.850 Dollar, dessen Fortsetzung zum Wochenbeginn und dem Bruch des nächsten, um $1.875 befindlichen Widerstands heute Nacht wurden dafür gute Voraussetzungen geschaffen. Da die jetzige Situation aber alles andere als normal ist und sich sämtliche Marktteilnehmer im Wesentlichen auf die Entwicklung eines einzigen Ereignisses konzentrieren, welches sich im Ergebnis in beide Richtungen entwickeln kann, darf weiterhin von sehr hohen untertägigen Schwankungen ausgegangen werden. Das wichtigste Unterstützungsniveau liegt nun bei 1.850 Dollar.
Gold: Die Trading Setups
Long-Setup: Wie gesagt, die Ampel steht grundsätzlich auf grün, jedoch dürfte jegliche Verminderung der Kriegsgefahr ein Osteuropa den angelaufenen Zug zumindest kurzfristig wieder jäh zum Halten bringen, zumal der Goldpreis allein seit Freitagmittag bereits gut 50 Dollar gelaufen ist. Eine darauf folgende Korrektur sollte im Bereich um $1.850 ihr Ende finden, neben der dort befindlichen klassischen horizontalen Unterstützung veläuft dort auch die Oberseite des im Tageschart eingezeichneten Coiling Patterns, aus dem jüngst der kräftige Ausbruch gelang. Ein Test dieses Niveaus wäre aus technischer Sicht sehr gesund und kann als neuer Einstiegspunkt dienen. Kann sich Gold Oberhalb der 1.875er-Marke behaupten, beziehungsweise nach einem kurzen Rücksetzer das morgendliche Hoch bei $1.879 überwinden, ist das Erreichen des nächsten logischen Widerstandsbereichs zwischen $1.900 und $1.915 sehr wahrscheinlich. Mittelfristig stellt die 1.960-Dollar-Marke das Hauptziel der laufenden Bewegung dar. Bei einem Rückfall unter 1.830 Dollar wäre sozusagen der „Vorkrisenzustand“ wiederhergestellt, mit den üblichen Verdächtigen als bestimmende Preistreiber. Neue Longs bieten sich in diesem Fall (nach $1.830) bei $1.815 und natürlich $1.800 an.
Short-Setup: Auf Grund der bekannten Sondersituation sollte diesem Markt derzeit nicht nur mit technischen Mitteln begegnet werden (allen anderen natürlich auch nicht), die wesentlichen Impulse kommen derzeit aus den Nachrichtenredaktionen. Scharfe Rücksetzer sind jederzeit möglich, Orientierung bieten die Chartmarken, besonders bedeutend sind sie momentan jedoch nicht. Sollte das Niveau um den jüngst überwundene Widerstand bei $1.875 nicht tragfähig sein, wird ein schneller Rutsch bis $1.850 sehr wahrscheinlich, die doppelte Bedeutung dieses Levels habe ich oben ja bereits erwähnt. Bricht diese Unterstützung lohnt sich ein weitere prozyklischer Einstieg mit Ziel bei $1.830. An dieser Stelle hätte die Seit Ende Januar bis dann heute Morgen laufende Aufwärtsbewegung ihre 50-Prozent-Korrektur vollzogen, was mindestens zu einer längeren Beruhigungsphase führen sollte. Oberhalb des heutigen Hochpunkts findet sich der nächste starke Widerstandsbereich in einer gut 15 Dollar breiten Zone oberhalb von $1.900. Dort aufgebaute Short haben Potenzial bis rund $1.875.
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Quellen: Eigenanalyse, genutzt werden die Charts vom MetaTrader 4.
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