Gold Analyse: Wochenstart mit Allzeithoch – Save-Haven-Argumente überwiegen weiter

August 04, 2020 13:15
  • ktuelle Gold Analyse: Chartanalyse, Wochenausblick, Set-Ups und mehr – für aktive Trader

Überblick: Gold, das große Bild

Die Suche nach dem „sicheren Hafen" bleibt eines der Hauptkaufargumente für das gelbe Edelmetall Gold, denn die Welt zeigt sich nach wie vor nicht arm an Unsicherheitsfaktoren, sowohl biologischer als auch politischer Natur. Auch darüberhinaus bleibt die Liste der bullischen Argumente lang, wenn auch eines, der schwache US-Dollar, gerade buchstäblich wieder „die Kurve kriegt" und dem Höhenflug bei Gold zumindest homöopathischen Widerstand leistet. Immerhin schwächte sich die Weltreservewährung, gemessen am Dollarindex, im Juli so stark ab, wie seit zehn Jahren nicht mehr. An dieser Stelle ist eine, zumindest temporäre, Erholung durchaus erwartbar, mit eben bremsendem Einfluß auch auf die Edelmetallpreise.

All zu viel Gewicht sollte man diesem Faktor jedoch nicht geben, angesichts weltweit weiter anschwellende Corona-Infektionszahlen, einer US-Fed, die den Kongress geradezu dazu drängt, für weiteren Stimulus zu sorgen, im negativen Bereich angekommenen Realzinsen und eines gerade durch die Ratingagentur Fitch gesenkten Credit-Ratings für die USA (weiter AAA natürlich, jedoch von „stabil" auf „negativ"). Angesichts dessen dürfte auch die aktuelle Dollarentwicklung nur ein Zwischenspiel bleiben und sich der dort bereits im Mai eingeleitete Abwärtstrend weiter fortsetzen. Mit den jüngsten chinesischen Einkaufsmanagerdaten und den dort steigende Aktienmärkte deutet sich die fortgesetzte Verbesserung der chinesischen Wirtschaft an. Dies ist wichtig, da sich damit das eher düstere Nachfragemuster der vergangenen Wochen umkehren könnte. Nach dem das World Gold Council in seinem letzten Update einen Rückgang der weltweiten Nachfrage nach physischem Gold im zweiten Quartal um immerhin elf Prozent vermeldete, käme eine Rückkehr Chinas als potenter Käufer gerade Recht. Dies wäre in Kombination mit der sinkenden südamerikanischen Produktion (mexikanische, peruanische und argentinische Minen fahren ihren Betrieb virusbedingt erneut herunter) ein bedeutendes bullisches Argument. Die US-Aktienbörsen steigen zwar auch, allerdings sollte man die Ursachen dafür nicht in sich aufhellenden wirtschaftlichen Aussichten suchen. Und nachdem Fed-Mitglied Kashkari seiner Regierung ganz öffentlich zum vier- bis sechswöchigen Lockdown rät, greift an dieser Stelle wieder das Krisenmetallargument. Gleiches gilt angesichts der politischen Auseinandersetzungen, die beide Länder miteinander führen. Gegenseitige Botschaftschliessungen, die Rückführung des jeweiligen Personals, mittels Handy-Apps gesetzte Nadelstiche und ein gegen chinesische Spione wetternder Sekretär Pompeo zeigen eine auf allen Ebenen gescheiterte Beziehung. Save-Haven ahoi!

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Die schon des öfteren angesprochene zunehmende mediale Beachtung des Edelmetallsektors macht sich weiterhin primär im ETF-Bereich bemerkbar. Seit mittlerweile 27 Tagen verzeichnen diese nun Zuflüsse, insgesamt liegen deren Nettozukäufe seit Jahresbeginn bei 25 Millionen Unzen. Weiter angeheizt wird die Situation durch zunehmend bullische Kommentare der großen Investmentbanken. Bank of America und RBC Capital schieben ihr neues Kursziel für Ende 2021 durchaus aggressiv auf 3.000 US-Dollar.

Die Älteren unter Ihnen wird die aktuell bemerkbare Euphorie samt überschwänglicher Schlagzeilen zur Vorsicht mahnen, der Begriff „Hausfrauenhausse" (und das ist nicht diskriminierend gemeint, mit solchen Vokabeln muss man heutzutage sehr vorsichtig sein oder noch besser, Hausmänner mit einschließen) fällt in diesem Zusammenhang schon gelegentlich. Noch scheint das Ende der Fahnenstange allerdings nicht erreicht zu sein, trotz der 200-Dollar-Rally im Juli. Der letztverfügbare COT-Report (vom 28.07.) zeigt eine weiter abnehmende Netto-Longposition der Spekulantenseite auf nur noch 320.000 Kontrakte und über 100.000 Kontrakte Differenz zu deren bisheriger Extrempositionierung vom 25.02.2020. Von dieser Warte aus betrachtet scheint der Markt nach den Entwicklungen der letzten Wochen zwar technisch überkauft, es liegt aber auch noch einiges Pulver trocken.

In diesem Zusammenhang sei noch kurz auf folgende interessante Situation am US-Futuresmarkt hingewiesen: wie Sie wissen, werden verfallende Futures-Kontrakte üblicherweise nicht physisch erfüllt, bis März diesen Jahres wurden beinahe alle stets in den nächsten liquiden Verfallsmonat gerollt. Am vergangenen Donnerstag und Freitag jedoch wechselten überraschend insgesamt über 108 Tonnen aus dem auslaufenden August-Kontrakt heraus physisch den Besitzer, was einen bisher nicht gesehenen Rekordwert darstellt (Juni-Future: ca. 87t, April-Future: ca. 54t, und auch dies ist historisch betrachtet sehr viel). Zu diesem Zeitpunkt waren an der Comex etwa 461 Tonnen Gold als lieferbereit registriert. Was kann das bedeuten? Entweder ändern die großen Spekulanten/Investoren nun ihr Verhalten und wollen tatsächlich physisches Gold besitzen (was ein erhebliches Misstrauensvotum gegenüber dem aktuellen Geldsystem und/oder der zukünftigen wirtschaftlichen/gesellschaftlichen Entwicklung darstellen würde). Oder, eher pragmatisch, die Rollkosten übersteigen derzeit erheblich die, die der physische Besitz mit sich bringt (Transport, Lagerung, Versicherung, etc.). In jedem Fall ist diese Änderung im Verhalten bemerkenswert, denn Futures-Märkte dienen traditionell zum hedgen und haben nicht die Funktion, Waren tatsächlich auszutauschen. Schwierig, oder anders: hinsichtlich der Preisentwicklung interessant, wird ein solcher Paradigmenwechsel dann, wenn die verfügbaren Lagerbestände einmal nicht ausreichen sollten, um alle Ausliefergesuche erfüllen zu können. Neuerliche Lockdowns mit eingeschränktem Flugverkehr, der den Goldtransport in die Speicher einschränkt, sowie zeitgleich zunehmendem Bedarf an krisenfesten Investments wären das dazu passende Szenario.

Gold - Betrachtung im 4h Chart und Setups für die kommenden Tage

Wie schon in der vergangenen Woche erklomm das gelbe Edelmetall während der asiatischen Handelsstunden sein neues Allzeithoch, auf über 1.985 US-Dollar stieg Gold in den ersten rund 100 Minuten dieser Börsenwoche an. Nach kurzem Rücksetzer, der leichten Dollar-Erholung und einer Reihe positiver Wirtschaftsdaten (PMIs Europa/USA) geschuldet, pendelt sich Gold seitdem kurz darunter im Bereich zwischen $1.970 und $1.980 ein. Die Preisentwicklung der vergangenen Woche wies insgesamt nach oben, jedoch wurde die Geschwindigkeit des vorausgegangenen parabolischen Anstiegs erheblich verringert, was durchaus als gesund bewertet werden kann, im Sinne der Aufrechterhaltung des bestehenden Trends.

Gold: Die Trading Setups

Gold Trading Strategien

Long-Setup: Den schnellen Aufwärtsschub der jüngsten Vergangenheit hat Gold nicht mit einem ebenso schnellen Abverkauf quittiert, sondern diese Richtung, wenn auch schwankungsfreudig, in der vergangenen Woche beibehalten. Auch dieses spricht, neben dem fundamentalen Umfeld, weiter für größere Chancen auf der Longseite. Dabei bietet sich ein Überschreiten des gestrigen Alltime-Highs als neues Einstiegsniveau an, um klassisch auf den wieder anfahrenden Zug aufzuspringen. Darüber liegen die nächsten Kursziele zunächst bei rund $2.025, darüber, allerdings längerfristiger, dann bei ca. $2.135. Sollte der Konsolidierungsbereich der vergangenen Woche noch einmal durchlaufen werden, bietet sich dessen Unterseite bei $1.945/$1.940 als Kaufbereich an, darunter findet sich weitere, leichte, Unterstützung um $1.930. Erst unterhalb dieser Marke würde sich das technische Bild deutlich eintrüben und der Markt von der Shortseite gehandelt werden.

Short-Setup: Wenn auch bisher wenig dafür spricht, dass Gold sein Kurspotenzial bereits ausgeschöpft haben könnte, bieten derart starke Bewegungen immer auch die Chance einer kurzfristigen, den Markt beruhigenden, Korrektur. Idealerweise bietet sich für damit zu begründende neue Shortpositionen der aktuelle Bereich um das gestrige Hoch an. Das Kursziel liegt dann um $1.940. Hier bietet die Unterseite einer sich seit Ende Juli herausbildenden Konsolidierungszone Unterstützung, zudem findet sich dort das erste Fibonacci-Retracement der jüngsten Rally. Führt die folgende Preisbewegung unter das Niveau von $1.930 stehen die Chancen auf eine Fortsetzung dieser Entwicklung gut, als Endziel kann dann der Bereich um $1.870 ins Auge gefasst werden. Zwischendurch befinden sich beachtenswerte Unterstützungen relativ eng beieinander in den Regionen im $1.910, $1.900 und $1.890. Hier kann es sinnvoll sein, schonmal den ein oder anderen Chip vom Tisch zu nehmen.

 

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Quellen: Eigenanalyse, genutzt werden die Charts vom MetaTrader 4.

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Markus Grüne
Markus Grüne Selbständiger Börsenhändler & Finanzmarktanalyst | Frankfurt am Main | (extern)

Über 14 Jahre Erfahrung als professioneller Händler und Market Maker für Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 Publikation eigener Börsenbriefe und Analysen mit Fokus auf Rohstoffe.