Gold Analyse: Gold bleibt auf Kurs – Kurzfristig aber Konsolidierung erwartbar

Januar 17, 2023 11:06

Zum Ende der vergangenen Woche versteilte sich der laufende Aufwärtstrend abermals und Gold beendete den Handel sowohl auf den kürzeren als auch den langen Zeitebenen indikatorseitig im überkauften Bereich. Im Vierstundenchart besteht die Divergenz zwischen RSI und Preisentwicklung weiter.  

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Überblick: Gold, das große Bild

Zum Wochenstart konnte Gold die laufende Rally zwar weiter fortsetzen und am frühen Montagmorgen ein frisches Neunmonatshoch markieren, mit dem feiertagsbedingten Fehlen eines Großteils der US-amerikanischen Marktteilnehmerschaft (Martin-Luther-King-Day) verebbten im weiteren Tagesverlauf jedoch die Anschlussorders.

Neuerlichen Auftrieb erhielt der Goldpreis mit Veröffentlichung der US-Konsumentenpreisindizes am vergangenen Donnerstag. Bis dahin verharrte das Edelmetall in gespannter Erwartung über mehrere Tage in einer engen Zehn-Dollar-Handelsspanne, setzte sich danach jedoch über die wichtige 1.900-Dollar-Marke ab. Der US-Verbraucherpreisindex hat sich mittlerweile fest als wichtigster Wirtschaftsdatenpunkt der Welt etabliert, und das wird wohl auch so bleiben, bis die Kerninflation unter das obere Ziel der Federal Reserve von drei Prozent fällt. Das dürfte zwar durchaus noch ein wenig dauern, jedoch zeigt der jüngste Rückgang um 0,3 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent im Jahresvergleich die richtige Tendenz – und rechtfertigt aus Sicht der Mehrzahl der Händler entsprechend kräftige Preisaufschwünge über sämtliche Assetklassen hinweg. Denn damit schwindet die Gefahr der noch vor nicht allzu langer Zeit menetekelten harten Landung der US-Wirtschaft zusehends, was die Wetten darauf beflügelt, dass die Fed das Tempo der Zinserhöhungen verlangsamen wird, schließlich war die Inflation im vergangenen Jahr die wichtigste Triebfeder der Geldpolitik. In Verbindung mit den jüngsten Arbeitsmarktzahlen scheint sich die Frage danach, ob sich die Inflation abkühlen wird, zu der Frage, wie schnell die Inflationsrate sinken wird, verschoben zu haben. Vor allem sind der US-amerikanische Arbeits- und der Wohnungsmarkt als die Bereiche der Wirtschaft zu beobachten, die wahrscheinlich entscheidend sein werden. Auf internationaler Ebene sind es die globalen Lieferketten und die große Wiedereröffnung Chinas. Mehr und mehr Ökonomen äußern sich zunehmend zuversichtlich, dass die Inflation bis Ende des Jahres in der Nähe des Zielwertes liegen wird. Das ist ermutigend – allerdings darf man auch nicht vergessen, dass sie ebenso zuversichtlich waren, dass die Inflation bis zum Ende des letzten Jahres unter Kontrolle sein würde. Die Bond-Märkte reagierten unmittelbar mit einem Renditeabsturz und preisen nun einen Höchststand der Fed-Rate von 4,9 Prozent ein, womit sie leicht unter den Prognosen der politischen Entscheidungsträger liegen, die ein Ziel von fünf Prozent anstreben. Nicht viel, aber immerhin rechtfertigt allein dies die Annahme, dass die US-Notenbank bereits im kommenden Monat zu langsameren Zinserhöhungen übergehen wird. Eine Annahme, die auch den Dollar weiter unter Druck setzt. Hört man auf den Anleihemarkt, ist es auch erwähnenswert, dass die Händler, zusätzlich zu einer niedrigeren Obergrenze, etwa einen halben Prozentpunkt an Zinssenkungen im kommenden Jahr einpreisen. Dies steht im Widerspruch zu den Projektionen der Fed, die bislang von einer Beibehaltung des Zinsniveaus ausgeht, wenn die Zielmarkt in diesem Jahr erst einmal erreicht wurde.

Unter dem Strich lässt sich wohl sagen, dass sich die Weltwirtschaft aktuell auf einer Gratwanderung zwischen Rezession und sanfter Landung befindet. Die plötzliche Wiedereröffnung Chinas, die wärmere Witterung in Europa, die der Energiekrise die Schärfe nimmt, und der anhaltende Rückgang der US-Inflation nähren die Hoffnung, dass eine globale Rezession vermieden werden kann. Doch da die Fed, die EZB (insbesondere) und einige andere Institutionen weiterhin auf höhere Zinssätze drängen, ist die Gefahr eines Einbruchs im weiteren Verlauf des Jahres nicht von der Hand zu weisen, insbesondere wenn sich die Inflation als hartnäckiger erweisen sollte, als es momentan scheint. Trotz dieses aufkeimenden Optimismus hat die Weltbank diese Woche ihre Wachstumsprognosen für die meisten Länder und Regionen gesenkt. JP Morgan kommt ein einer aktuellen Analyse zu dem Schluss, dass sich das Risiko einer kurzfristigen globalen Rezession zwar verringert habe, aber immer noch eine 70-prozentige Chance auf einen Einbruch im weiteren Verlauf dieses Jahres oder im Jahr 2024 bestünde. Die Ökonomen von Goldman Sachs gehen indes nicht mehr von einer Rezession in der Eurozone aus. Mögliche Impulse könnte die, einmal abgesehen von den US-Erzeugerpreisdaten am Mittwoch, eher ereignisarme laufenden Woche durch die Berichterstattung aus dem Schweizer Davos erhalten. Mit  drohender Rezession, der Lebenshaltungskostenkrise und der zunehmende Verschuldung der Volkswirtschaften stehen Themen auf der WWF-Agenda, zu dem sich der ein oder andere elitäre Kongressteilnehmer durchaus marktbewegend äußern könnte.

Für den Goldmarkt bleibt die Situation aus fundamentaler Sicht angesichts der Kette aus stützenden Arbeitsmarkdaten, nachgebendem CPI, daraufhin schwächelndem Dollar und steigenden US-Anleihen insgesamt positiv, wenn auch technisch kurzfristig überhitzt und mit euphoriedämpfenden Signalen aus dem Profilager (siehe Marktkommentar der letzten Woche, Stichwort „COT-Report“). Am naheliegenden gestrigen Hoch stand Gold $106 über seinem Januar-Tief, $163 über dem Dezember-Tief und $312 über dem von Anfang November, eine Entwicklung, die zumindest eine moderate Korrektur nicht gänzlich unwahrscheinlich macht. Auf der mittelfristigen Zeitebene des Tagescharts deutet sich mit der Ausbildung eines sogenannten „Golden Cross“ eine für Trendfolger interessante Situation an. Dabei befindet sich der schnellere 90-Tage-EMA im Begriff den langsamen 200-Tage-EMA von unten kommend zu durchschneiden. Zu interpretieren ist diese Situation mindestens als Trendbestätigung, viele technisch orientierte Händler nutzen sie als Kaufsignal. Indikatorseitig bleibt die Situation überkauft, die in der Vorwoche beschriebenen Divergenzen zwischen Momentum-indikatoren und Preis haben sich jedoch auf Tageschartebene abgebaut.

Gold - Betrachtung im 4h Chart und Setups für die kommenden Tage

Zum Ende der vergangenen Woche versteilte sich der laufende Aufwärtstrend abermals und Gold beendete den Handel sowohl auf den kürzeren als auch den langen Zeitebenen indikatorseitig im überkauften Bereich. Im Vierstundenchart besteht die Divergenz zwischen RSI und Preisentwicklung weiter. Mit der begonnenen Konsolidierung im Bereich der wichtigen 1.910-Dollar-Marke fällt der Indikator jedoch wieder in den neutralen Bereich zurück, womit sich technisch gesehen die heiß gelaufene Situation normalisiert. Wichtig wird sein, wie stabil sich der Bereich zwischen 1.910 und des eher psychologisch bedeutenden 1.900er-Niveaus erweisen wird. Zwar baut sich die überkaufte Lage auf der kürzeren Zeiteinheit ab, übergeordnet (Tageschart, auch Wochenchart) zeigen sich jedoch bereits die Charakteristika eines Blow-Off-Tops. Noch steht die Ampel auf gelb, bei einem Wechsel des Sentiments würde ein sehr schneller (und gesunder) Rutsch bis in den Bereich um $1.850 aber nicht überraschen. 


Markus Grüne
Markus Grüne Selbständiger Börsenhändler & Finanzmarktanalyst | Frankfurt am Main | (extern)

Über 14 Jahre Erfahrung als professioneller Händler und Market Maker für Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 Publikation eigener Börsenbriefe und Analysen mit Fokus auf Rohstoffe.