Gold Wochenausblick: Gold stabilisiert sich um $1.850 - aktuell kaum neue äußere Impulse

Mai 31, 2022 12:20

Für den Goldpreis kann man durchaus optimistisch bleiben: Zum einen  dürfte die Rezessionsgefahr tatsächlich überbewertet sein, des Weiteren führt die „psychologische Kriegsführung“ der Zentralbanken zu einer nachlassenden Inflationserwartung, was das Risiko einer späteren all zu aggressiven Umsetzung dieser Worte senkt, beziehungsweise Flexibilität hinsichtlich der entwickelten Pläne erlaubt.

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Überblick: Gold, das große Bild

In den vergangenen Tagen zeigte sich der Goldpreis wieder schwankungsfreudig, jedoch ohne klare Richtung. Dabei fand die am 16. Mai begonnene Aufwärtsbewegung am letzten Dienstag zwar nach gut 83 Dollar ihr Ende und Gold korrigierte merklich, die Gefahr eines Rückfalls in den vorherigen Abwärtstrend bestand jedoch zu keiner Zeit.

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Unterstützend zeigten sich die US-Anleiherenditen, die sich weiterhin im Korrekturmodus befinden (kurz- und mittelfristige Laufzeiten) beziehungsweise gerade ein stabiles Unterstützungsniveau erreicht haben (langlaufende Anleihen). Auch der US-Dollar setzte seinen zur Monatsmitte begonnen Abwärtstrend weiter fort, und es scheint, als wären hier die Höchststände tatsächlich bis auf weiteres gesehen worden. In der vergangenen Woche dürfte es übrigens Christine Lagarde gewesen sein, die dem Greenback noch einmal einen ordentlichen Schubs gab und, ganz zeitgemäß, mit einem Blogbeitrag weiter unter Druck setzte. Mit ihrem am Montagmorgen auf der Website der EZB veröffentlichten Aufsatz stellte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank durchaus überraschend eine in Teilen neue und vor allem härtere Politik vor. Sowohl die Zentralbankpolitik selbst als auch die Tatsache, dass Frau Lagarde die Angelegenheit als so dringlich empfand, dass sie sie zwischen zwei Sitzungen online stellen musste, trugen dazu bei, den Euro gegenüber dem Dollar deutlich zu stärken. Sie erläuterte die Gründe für die Abkehr der EZB von einer zehnjährigen aggressiven Geldpolitik und verpflichtete die Bank zu zwei Zinserhöhungen bis September, wodurch der Tagesgeldsatz wieder auf Null sinken würde. Das ist nach jeder Definition immer noch eine lockere Geldpolitik, aber nach Jahren negativer Zinssätze eine keineswegs unbedeutende Sache. Selbstverständlich sieht die EZB, wie auch die amerikanische Fed, zumindest öffentlich den Balken im eigenen Auge nicht (wer hat noch mal die Geldschleusen geöffnet?), innerhalb der eigenen Gedankenwelt handelt sie jedoch vernünftig. Nach der Zentralbanktheorie lässt sich der  Inflationsanstieg im Euroraum durch Engpässe auf der Angebotsseite und nicht durch Nachfrageerhöhung erklären (und schon gar nicht durch jahrelange überschwänglich lockere Geldpolitik), weshalb Konjunkturmaßnahmen auch nicht allzu übereilt zurückgenommen werden sollten. Nun ja, immerhin zeigen die gestrigen Inflationsdaten aus Deutschland mit 7,9 Prozent den höchsten Stand seit 1963, die europäischen kommen heute und dürften in ähnlicher Region liegen. Aber „wie befinden uns nicht im Panikmodus“. Christine bleibt entspannt, es sei ihr gegönnt. Aber Spaß beiseite, richtig ist auch, dass die Situation ausgesprochen schwierig ist. Die Zentralbanker können nicht jeden Bereich der Inflation kontrollieren. Sie können nicht nach mehr Öl bohren, Lieferketten ausrichten oder Corona heilen. Das bedeutet, dass die einzige schnelle Lösung, die zur Verfügung steht, in der Anhebung der Zinsen und/oder Schrumpfung der  Bilanzen besteht. Bedenkt man die Vielzahl kaum berechenbarer Einflussfaktoren, wird es durchaus schwierig, hier Fehler zu vermeiden. Man könnte momentan fast von der vielzitierten „Stunde der Wahrheit“ sprechen, die nächsten Zentralbankmaßnahmen werden die Marktstabilität wohl auf die Probe stellen. Niemand kann wirklich sagen, ob eine aggressivere Straffung das Finanzsystem aus dem Gleichgewicht bringen wird, in jedem Fall kommt eine Schrumpfung der Bilanz bei gleichzeitiger Anhebung der Zinssätze einer noch nie dagewesenen Belastung gleich.


Markus Grüne
Markus Grüne Selbständiger Börsenhändler & Finanzmarktanalyst | Frankfurt am Main | (extern)

Über 14 Jahre Erfahrung als professioneller Händler und Market Maker für Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 Publikation eigener Börsenbriefe und Analysen mit Fokus auf Rohstoffe.