Gold Wochenausblick: Seitwärtsphase dauert an – aber Schwankungsbreite nimmt wieder zu
Angesichts der Ungewissheit hinsichtlich der Auswirkungen der sich nun hüben wie drüben des Atlantiks ändernden Geldpolitik dürfte Gold in einer Seitwärtsphase handeln. Ausschläge in beide Richtungen bleiben aller Voraussicht nach kurzlebig und sollten tendenziell in Richtung Mittelwert zurückfallen. In Erwartung dessen bietet sich ein Swing-Trading-Ansatz an.
- Aktuelle Gold Analyse 07.06.2022: Chartanalyse, Wochenausblick, Setups und mehr – für aktive Daytrader
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Möglicherweise erachtete Jamie Dimon seine jüngste Wetterallegorie bezüglich des zukünftigen Kurses der Weltwirtschaft tatsächlich genau deshalb als so passend, weil ihm die kurze Halbwertszeit derartiger Prognosen vollkommen bewusst ist. Sprach er in der vorvergangenen Woche noch von ein paar unbedenklichen Wolken am Himmel, so sah der JP Morgen-Chef sich diese schon am Mittwoch zu einem handfesten Hurricane aufbauen, sogar Supersturm Sandy wurde am Rande eines Investorentages der Investmentbank recht dramatisch heraufbeschworen. Er habe seine wenige Tage zuvor postulierte Wettervorhersage aktualisiert, angesichts der Herausforderungen, denen sich insbesondere die US-Zentralbank gegenübersieht, so Dimon. Diese Äußerungen schienen jedoch im direkten Widerspruch zu JP Morgans Strategieabteilung zu stehen, die am selben Tag schrieb, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession sehr gering sei. Die nackten Daten stützen Dimons etwas theatralischen Moment auch nicht unbedingt. Wenige Minuten vor dessen Sturmwarnung wurde mit dem ISM ein Benchmark-Index für die Aussichten des verarbeitenden Gewerbes in den USA veröffentlicht. Dieser übertraf fast alle Prognosen, was auf einen kräftigen Anstieg der Auftragseingänge zurückzuführen ist. Die jüngste Beige Book-Umfrage der Federal Reserve, wie der ISM ein sogenannter „weicher“ Indikator, deutet auf eine sich verlangsamende, aber immer noch solide Wirtschaft hin. Weiche Indikatoren haben sich in letzter Zeit eher schlechter entwickelt als die „harten“, wie Einzelhandelsumsätze oder die Industrieproduktion. Mit den am Freitag veröffentlichen US-Arbeitsmarktdaten (Non Farm Payrolls) stand noch ein sehr harter Datenpunkt ins Haus. Dieser zeigte für Mai einen Zuwachs von 390.000 Stellen. Das war zwar der schwächste Wert seit über einem Jahr, er lag aber dennoch über dem Durchschnitt von vor der Pandemie. Oder, wie es die Ökonomen von Barclays ausdrückten, "immer noch in einem robusten Bereich, den wir als konsistent mit einem geringen bis gar keinem Rezessionsrisiko in der nahen Zukunft ansehen würden". Die Kollegen von der UBS sehen für das zweite Quartal gar ein Wachstum des US-BIPs von über vier Prozent voraus (Jahresrate), was eine bemerkenswerte Verbesserung gegenüber dem handelsbedingten Rückgang von 1,5 Prozent im letzten Quartal wäre und deutlich über dem längerfristigen Wachstumstrend von unter zwei Prozent läge.
A propos Meinungsänderung: Finanzministerin Janet Yellen räumte am Dienstag ein, dass sie sich im vergangenen Jahr geirrt habe, als sie sagte, dass die Inflation kein anhaltendes Problem darstellen würde. "Ich habe die unvorhergesehenen und großen Schocks, die sich aus den Versorgungsengpässen ergeben, nicht ganz verstanden", sagte sie gegenüber CNN. Das war ein sehr bemerkenswerter Moment, immerhin ist es sehr sehr selten, dass ein Regierungsbeamter auf irgendeiner Ebene zugibt, sich geirrt zu haben. Ebenfalls bemerkenswert war die recht kurzfristige Anberaumung eines Treffens im Weißen Haus am vergangenen Dienstag. Dort berieten eben jene Janet Yellen gemeinsam mit Fed-Chef Jerome Powell und US-Präsident Joe Biden über den Zustand der amerikanischen und der Weltwirtschaft. Immerhin hat Biden den Kampf gegen die Inflation ja zu seinem obersten Ziel erklärt. Nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil dessen Ansehen unter den Amerikanern angesichts der höchsten Inflation seit Jahrzehnten durchaus gelitten hat und in Kürze die Zwischenwahlen anstehen. Im Ergebnis dieses Treffens lautete die Botschaft an die Fed: „Gehen Sie, und tun Sie, was Sie tun müssen“.
Das Problem ist nur, dass man angesichts der komplizierten Situation mit einer Vielzahl von Einflussfaktoren nicht so genau weiß, was man tun muss, beziehungsweise, wie sich das zu tuende dann tatsächlich auswirken wird. In jedem Fall begann man am vergangenen Mittwoch offiziell damit, die auf gut neun Billionen Dollar aufgeblähte Zentralbankbilanz zurückzufahren. Dies soll planmäßig in etwa doppelt so schnell, wie nach der letzten Finanzkrise erfolgen. Der Ausgang dieses Projekts bleibt dabei bis auf Weiteres ungewiss, auch, weil dies erst das zweite Mal in der modernen Geschichte ist, das die Fed eine quantitative Straffung vornimmt. Ein großes Fragezeichen ist, was der Abfluss überhaupt für die Wirtschaft und die Inflationsbekämpfung bedeuten wird (Fed-Gouverneur Christopher Waller: es ist "höchst ungewiss"). Die Fed-Verantwortlichen sind sich des Risikos, das mit der Verkleinerung des Portfolios einhergeht, offenbar durchaus bewusst. Aus dem Protokoll der Mai-Sitzung geht hervor, dass mehrere Entscheidungsträger "feststellten, dass die Straffung der Geldpolitik mit Schwachstellen im Zusammenhang mit der Liquidität der Märkte für Staatsanleihen interagieren könnte". Das weckt unangenehme Erinnerungen an Ende 2018. Die damalige Bemerkung von Fed-Chef Jerome Powell, dass der Abbau der Bilanzsumme auf "Autopilot" laufe, brachte den S&P 500 an den Rand eines Bärenmarktes, was letztlich die Zinserhöhungskampagne der Zentralbank beendete. Laut Powell wird es dieses mal eine solche Rettung nicht geben, zumindest offiziell scheint die Fed fest entschlossen, ihr Programm durchzuziehe. Hinter der Kulissen munkelt man jedoch bereits von einer Zinserhöhungspause im September, falls nötig, je nach Bedingungen. Der allseits beliebte Fed-Put ist noch im Spiel, wie es scheint…