Gold Wochenausblick: Rezessionsängste dominieren die Märkte – Gold wieder auf Vorwochenniveau

Mai 10, 2022 12:30

Die hohe Volatilität im Goldmarkt bleibt uns erhalten! Jedoch zeigt das Doppeltief im Chart am nächstliegenden Widerstand bei $1.850 mindestens den Versuch einer Bodenbildung an.

  • Aktuelle Gold Analyse 10.05.2022: Chartanalyse, Wochenausblick, Setups und mehr – für aktive Daytrader
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Überblick: Gold, das große Bild

„Cash is King“ hieß es auch zum Wochenstart wieder an den Märkten, von Aktien, über Renten bis hin zu diversen Rohstoffen wird weiter Kasse gemacht. Die Anleger flüchten sich aktuell in die Sicherheit des US-Dollars, während amerikanische, wie europäischen Aktien angesichts zunehmender Risikoaversion weiter ins Rutschen geraten. Staatsanleihen setzten zum Wochenbeginn ihren Ausverkauf fort, die fünfjährige Rendite stieg auf das höchste Niveau seit 2008. Mit dem Dollar-Index auf dem höchsten Stand seit 20 Jahren und den weiter steigenden Anleiherenditen bläst Gold mehr als nur ein wenig Gegenwind entgegen, auch, da sich das Thema „Flucht in Sicherheit“ trotz der geopolitischen Situation und der Entwicklung anderer Assetklassen bislang nicht vollumfänglich durchsetzen konnte.

Dabei entwickelt sich Gold, einvernehmlich mit den anderen Märkten, im Anschluß an die erwartete 50-Basispunkte-Zinserhöhung am vergangenen Mittwoch zunächst gut, bis Donnerstagmittag konnte sogar die wichtige 1.900-Dollar-Marke überwunden werden. Ausschlaggebend dafür war wohl Jerome Powells Erklärung, sich auch zukünftig mit 50-Punkte-Erhöhungen zufrieden geben zu wollen, mehr läge nicht auf dem Tisch, verlautbarte der Fed-Chef. Die große optimistische Schlagzeile lautete also, dass die Fed bei ihrer nächsten Sitzung wahrscheinlich keinen noch grösseren Zinsschritt vornehmen würde. Wenn eine Erhöhung um „lediglich“ 50 Punkte jetzt als positive Überraschung gilt, zeigt sich daran schon welche extreme Angst vor Inflation und Zinserhöhungen derzeit in die Märkte eingebaut ist. Gut, fairerweise deutet Powell zudem zaghafte Anzeichen für eine Verbesserung der Inflationslage an, begründet mit scheinbar nachlassendem Stress in den Lieferketten. Nichtsdestotrotz blieben pessimistische Untertöne vernehmbar, sie wurden lediglich übertönt, durch oben erwähnte Zinsaussage. Wer genauer zuhörte, bemerkte jedoch den Sand im Getriebe: von „einigen Schmerzen“ war die Rede, die die kommenden Maßnahmen zur Inflationseindämmung verursachen könnten. Auch von der „Hoffnung“, mittels Kombination aus steigenden Kreditkosten und schrumpfender Zentralbankbilanz eine Rezession vermeiden und gleichzeitig die heißeste Inflation seit den frühen 1980er Jahren eindämmen zu können. Von einer „weichen Landung“ sprach Powell übrigens nicht mehr, „weichartig“ (softish) nannte er den erwartbaren Ausgang. Was immer das auch heisst. Ganz offenbar traten all diese zunächst verdrängten Untertöne tags darauf an die Oberfläche, als der gleiche Jerome Powell erklärte, per Juni nun doch keine 75-Basispunkte-Erhöhung mehr auszuschliessen.  Die Märkte begannen daraufhin eine katastrophale Kehrtwende, allein der S&P 500 büßte an jenem Tag rund 1,3 Milliarden Dollar an Marktwert ein. Gold gab beinahe 40 Dollar nach. Die technische Gegenreaktion des Folgetages konnte durch die US-Arbeitsmarktdaten (Non-Farm-Payrolls) nicht gestützt werden. Diese übertrafen die Erwartung der Neueinstellungen und zeigten eine weiterhin geringe Arbeitslosenquote bei stabilem Lohndruck, sprich, ein kräftiger Tritt auf die Bremse bleibt wohl nötig, verbunden mit der Hoffnung auf einen eben wenigstens „weichartigen“ Ausgang. Die Märkte glauben mittlerweile nicht mehr wirklich daran, Preisrückgänge auf breiter Front deuten in eine andere Richtung. Wie in der letzten Woche schon gesagt: allein ein vierprozentiger Rückgang des chinesischen BIP würde, laut Bloomberg Economics, zu Rückschlägen im Rohstoffsektor von gut 30 Prozent führen. Das Saudi Arabien nach einer langen Preiserhöhungsserie gestern seine Rohölpreise für asiatische Kunden gesenkt hat, ist ein gutes Indiz für konkrete Probleme in der Region. 

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Aus fundamentaler Sicht bleiben die anhaltend schlechten Nachrichten aus China, dessen Versuche, den dortigen jüngsten Corona-Ausbruch unter Kontrolle zu bekommen, immer groteskere Züge annehmen, was zu einer beschleunigt ungünstigen Wirtschaftsprognose führt, einer der bedeutendsten Hemmschuhe für eine unmittelbare Fortsetzung der Rohstoffrally. Hinzu kommen die unvermindert ansteigenden Anleiherenditen hüben wie drüben des Atlantiks, zudem scheint ein nahes Ende der seit 31. März laufenden Dollar-Hausse auch nicht allzu wahrscheinlich, wenn hier auch aktuell zumindest eine leichte Beruhigung zu bemerken ist. Die Kursentwicklung liegt bei Gold gegen den Dollar gerechnet seit Jahresbeginn übrigens bei etwas mageren knapp 3,4 Prozent. Allerdings hat eben jene oft beklagte Dollarstärke Anlegern in anderen Regionen gegen Euro (11,3 Prozent) oder Yen (17 Prozent) zweistellige Ergebnisse beschert. Hinzu kommt die miserable Performance von Aktien und Anleihen. Man sollte daher auch angesichts herrschender Rezessionssorgen nicht allzu schwarzmalen, die relative Performance unterstreicht durchaus die Diversifizierungsqualitäten von Gold in einem aus verschiedenen Gründen so schwierigen Jahr wie dem aktuellen. Klar wird dabei aber auch, dass eine gute Goldperformance ein zweischneidiges Schwert ist. Schliesslich gehen damit auch schwierige Zukunftserwartungen des jeweiligen Wirtschaftsraums einher. Angesichts der zunehmenden Inflation (Herr Powell räumte die diesbezüglichen Bedenken keineswegs aus) und der fortwährenden geopolitischen Spannungen bleibt eine Diversifizierung von anderen Anlegeklassen, insbesondere volatilen Aktien und Anleihen, sicher notwendig. ETF-Investoren zeigen bisweilen weiter Zurückhaltung, jedenfalls stand Freitag. Die Bestände der beobachteten Gold-ETFs verringerten sich in der vergangenen Woche abermals, knapp 384.000 Unzen flossen daraus ab, liegen jedoch immer noch 8,6 Prozent oberhalb des Jahresendstands.

Die großen Ereignisse dieser Woche sind eine Reihe von Fed-Rednern, die sich heute Nachmittag einmal mehr dem Thema Inflation annehmen werden, sowie die Veröffentlichung des US-Verbraucherpreisindex am morgigen Mittwoch.


Markus Grüne
Markus Grüne Selbständiger Börsenhändler & Finanzmarktanalyst | Frankfurt am Main | (extern)

Über 14 Jahre Erfahrung als professioneller Händler und Market Maker für Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 Publikation eigener Börsenbriefe und Analysen mit Fokus auf Rohstoffe.