Gold Wochenausblick: Märkte verarbeiten US-CPI-Schock von Freitag – Gold spürbar nervös, aber weiter seitwärts
Im gestrigen „Intradaycrash“ fiel Gold im Laufe des Nachmittags sehr schnell bis unter sein Vorwochentief zurück, im Laufe der Nacht setzte sich diese Bewegung zunächst noch fort. Die charttechnische Situation ist zwar nicht besorgniserregend, aber die derzeitige Volatilität und die Kraft hinter den Bewegungen ist ungewohnt und sollte zu entsprechend angepasster Handelsweise führen!
- Aktuelle Gold Analyse 14.06.2022: Chartanalyse, Wochenausblick, Setups und mehr – für aktive Daytrader
✅ Gold News ✅ Gold Aktuell ✅ Gold Prognose
In Sachen Inflationsgeschehen scheint die kürzlich vorgestellte Theorie der „Peak Inflation“, also des Erreichens ihres Höhepunktes angesichts augenscheinlich bereits wieder nachlassender Inflationserwartungen, wohl etwas verfrüht gewesen zu sein. Die US-Verbraucherpreisdaten vom vergangenen Freitag haben die globalen Finanzmärkte jedenfalls abermals deutlich unter Druck gesetzt, auch, da der Sprung des US-CPI auf im Mai 8,6 Prozent, und damit den höchsten Stand seit 40 Jahren, bereits mehrere namhafte Analysten dazu veranlasste, bereits für Morgen eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte vorauszusagen. Zwar bedeutet dieser weitere heiße Inflationswert, dass Jerome Powell und seine Kollegen am morgigen Zinsentscheidungstag unter noch größerem Druck stehen als angesichts der brenzligen Lage ohnehin schon, die meisten Beobachter der Fed sind allerdings nicht davon überzeugt, dass es zu einer solchen Ad-Hoc-Reaktion der Notenbanker kommen wird. Jerome Powell wird daran gelegen sein, Überraschungen zu vermeiden, und eine solche Änderung würde ja bedeuten, dass die Märkte Grund hätten, die Richtigkeit künftiger Leitlinien in Frage zu stellen. Eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte wird jedoch noch in dieser Woche erfolgen, und Fed-Chef Powell dürfte in der an die Zinssatzentscheidung anschliessenden Pressekonferenz seine Bereitschaft bekunden, bei Bedarf auch größere Schritte vorzunehmen. Goldman Sachs rechnet mit einem Anstieg um einen halben Punkt im Juni, Juli, September und November und einen Viertelpunkt im Dezember. Das entspricht auch dem Marktkonsens von insgesamt 225 Basispunkten für die in 2022 verbleibenden fünf Sitzungen. Dies könnte die Bewertungen von US-Aktien noch weiter belasten, für einen wieder stärker werdenden US-Dollar sprechen und die Renditen von Staatsanleihen nach oben treiben. Bei letzteren deuten sich bereits wieder Rezessionserwartungen an, durch die abermals in Richtung invers drehende Renditekurve. Eine tiefe Rezession bleibt auch trotz des zugegebenermaßen aktuell düster wirkendenden Gesamtbildes nicht das Basis-, sondern Risikoszenario, was insbesondere dem nach wie vor starken US-Arbeitsmarkt zugute zu halten ist. Interessanterweise deuten die Zahlen von Freitag darauf hin, dass sich die Inflation von Waren hin zu Dienstleistungen zu verlagern scheint, sprich, sich der vom Rohstoffsektor ausgehende Angebotsschock zu entspannen beginnt. Nachhaltig wird diese Entwicklung jedoch erst mit einer sich abzeichnenden Lösung im Ukraine-Krieg, da steigende Energie- und Lebensmittelpreise die wesentlichen Treiber des Inflationsgeschehens sind. Zumindest hinsichtlich der weiter anziehenden Energiepreise könnte sich das Blatt in absehbarer Zeit wenden, da der starke US-Dollar zunehmend für alle die Staaten zum Problem wird, die Erdöl und andere in Dollar denominierte Waren importieren müssen. Die Beziehung zwischen Rohstoffen und Dollar wirkt in der Regel wie ein Puffer für die Weltwirtschaft, wobei das eine das andere ausgleicht. Diese Beziehung zerbricht zusehends, was zu Zahlungsbilanzschwierigkeiten in den Importnationen führt (insbesondere in ärmeren Ländern), worunter dann mittelfristig die Nachfrage leiden sollte. Verschiedene andere angebotsseitige, die weltweite Inflation antreibende Faktoren haben sich bereits umgekehrt. So sanken die Preise für Halbleiter seit Mitte letzten Jahres um gut 14 Prozent, Schiffscontainer sind derzeit 26 Prozent günstiger zu haben als noch im September 2021 und die nordamerikanischen Düngemittelpreise, ein Indikator für die Entwicklung der weltweiten Lebensmittelinflation, liegen 24 Prozent unter ihrem Rekordhoch vom März. Eine Abschwächung dieses angebotsseitigen Drucks könnte es den Zentralbanken schließlich schneller ermöglichen, ihren Straffungszyklus wieder zu verlangsamen, als es angesichts der aktuellen Indexdaten zu vermuten wäre. Die EZB erfüllte im Kern die Erwartungen ihrer vorausgegangenen Ankündigungen. Vorerst bleibt das Zinsniveau in der Eurozone zwar unverändert, für Juli wurde aber angesichts der rekordhohen Inflation die erste Erhöhung des Leitzinses seit mehr als einem Jahrzehnt signalisiert. Dafür macht die Notenbank den Weg frei, indem sie Anfang des kommenden Monats ihre billionenschweren Anleihenkäufe auslaufen lässt.