Gold Wochenausblick: Gold beendet Durststrecke – positive Rahmenbedingungen finden wieder Beachtung
Es ist das erste Mal seit gut vier Wochen, dass wir bei der Goldpreisentwicklung wieder auf eine „grüne Woche“ zurückblicken können. Ausgehend vom jetzt auch offziell so genannten Kapitulationstief vom vergangenen Montag legte Gold bis jetzt in der Spitze um beinahe 80 Dollar zu und beendete damit seinen am 18.04. begonnnen Abwärtstrend.
- Aktuelle Gold Analyse 24.05.2022: Chartanalyse, Wochenausblick, Setups und mehr – für aktive Daytrader
✅ Gold News ✅ Gold Aktuell ✅ Gold Prognose
Maßgebliche Unterstüzung erhielt Gold in den vergangenen Tagen vom US-Dollar (nachgebend) und den US-Benchmarkanleihen (endlich wieder Käufer!). Deren Renditen bleiben in der vergangenen Woche unter der drei Prozent Marke. Dahinter steht wohl die Sorge der Anleger, dass die USA innerhalb der nächsten Monate tatsächlich in eine Rezession (oder Stagflation) abrutschen werden. Staatsanleihen bleiben zwar volatil und zeigen damit das Ringen zwischen den Auswirkungen zukünftig zu erwartender Zinserhöhungen und sich verstärkenden Konjunkturängsten, es mehren sich jedoch die Anzeichen dafür, dass sie ihre Anziehungskraft als Krisenzufluchtsasset zurückgewinnen und als Absicherungsinstrument gegen das Rezessionsszenario genutzt werden. Angesichts gleicher Argumentation und weiterhin negativer Realrenditen bleiben damit auch die Aussichten für Gold optimistisch. Bemerkenswerterweise hat Schwedens größte Pensionsgesellschaft gerade mit dem Kauf von Staatsanleihen begonnen, und JPMorgan analysiert, dass „das Schlimmste überstanden“ sei, hinsichtlich des Anleihenausverkaufs der letzten Zeit. Unterdessen schrumpft der Renditevorsprung der USA gegenüber ihren wichtigsten Konkurrenten, was dazu beiträgt, dass der Dollar von seinem letzten Höhenflug deutlich zurücksetzt. Dies lässt sich allerdings nicht originär auf die Politik der USA zurückführen, sondern eher auf die der Konkurrenz. Die Fed bleibt ausserordentlich hawkish und wird nicht müde zu betonen, die Leitzinsen so lange anheben zu wollen, bis sich die Inflation abkühlt, und dass es ihr auch nichts ausmache, wenn Aktien und Co. daraufhin abverkaufen. Der liebgewonnene „Fed-Put“ scheint endgültig Geschichte. Jerome Powell akzeptiert dabei nach eigenem Bekunden ausdrücklich die Möglichkeit einer harten Landung (die jedoch nach seinem Verständnis dann eher nicht seine Schuld wäre, „äussere Faktoren ausserhalb des eigenen Einflussbereichs“, werden da ins Feld geführt). Powell ist in hinsichtlich der Landung wohl (endlich) Realist, FOMC-Mitglied Kashkari brachte es am Freitag folgendermaßen auf den Punkt: der FOMC werde "alles tun, um eine weiche Landung zu erreichen, aber ich will ehrlich sein, ich weiß nicht, wie hoch die Chancen stehen, dass wir das schaffen". Und a propos Konkurrenz: in der Europäischen Union richtet man sich auf die erste Zinserhöhung seit zehn Jahren ein. Im Juli soll es soweit sein, bis Oktober will man dann die Negativ-Region verlassen haben. Mit Blick auf die realen Renditen, die immer noch und bis auf weiteres sicher im roten Bereich liegen, sollte dies alles nur mäßigen Gegenwind für den Goldpreis bedeuten.
Auch US-Präsident Joe Biden dürfte sein Scherflein zur positiven Goldpreisentwicklung beigetragen haben, seine jüngsten Äusserungen zum Thema Taiwan geben den Save-Haven-Suchern jedenfalls durchaus Argumente an die Hand. Biden, derzeit auf Asien-Tour, beantwortete gestern Morgen die Frage eines Reportes bezüglich der Hilfsbereitschaft der USA im Falle eines Angriffs durch China auf das Land erstaunlich klar und stellte für diesen Fall ein Eingreifen des US-Militärs in Aussicht. Das chinesische Außenministerium reagierte erwartungsgemäß unerfreut und warf Biden vor, damit „den bilateralen Beziehungen schweren Schaden zuzufügen“. Die Äußerung wurde später dann von Beamten des Weißen Hauses zurückgenommen: Biden habe lediglich gemeint, die USA würden im Falle einer chinesischen Invasion Ausrüstung, jedoch keine Truppen bereitstellen. Wer weiß. In jedem Fall zeigt diese Episode, gerade vor dem Hintergrund des faktisch nach und nach zur „Normalität“ und dessen Schlagzeilen immer weniger marktbewegend werdenden Ukraine-Krieges, dass das weltweite Konfliktpotenzial keineswegs abflaut. Auf wirtschaftlicher Ebene sendete Biden hingegen ein positives Signal mit seiner Verlautbarung, die von seinem Amtsvorgänger eingeführten Importzölle auf diverse chinesische Güter überprüfen und möglicherweise aufheben zu wollen. China kämpft derweil weiter um eine Wiederaufnahme seines Wachstumskurses und ergreift Maßnahmen. Die chinesische Zentralbank hat den Leitzins für langfristige Kredite nun unerwartet um 15 Basispunkte gesenkt, was als Unterstützung für den Immobilienmarkt des Landes angesehen wird. Gerade dieser Wirtschaftssektor steht unter ernormen Druck, nach acht Monaten in Folge sinkender Immobilienpreise. Angesichts der Tatsache, dass zwei der wichtigsten Wachstumstreiber (Immobilien, Tech) auf dem Rückzug sind und die harten covidbedingten Lockdowns die Wirtschaftstätigkeit weiterhin bremsen, gehen aktuelle Prognosen mittlerweile davon aus, dass die US-Wirtschaft in diesem Jahr schneller wachsen wird als die chinesische (+2,8 Prozent BIP vs. +2,0 Prozent). Das ist bedeutend, weil dies seit 1976 so nicht mehr vorgekommen ist.
Hinsichtlich des Inflationsgeschehens setzt sich interessanterweise mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass die bisherigen Modelle nicht allzu viel nützen und man sich auf Neuland bewegt. Immerhin sind die dafür ursächlichen diversen Preisschocks (neben der überschwänglichen Geldpoliltik verschiedener Zentralbanken) historisch betrachtet einmalig, bisher gründete sich eine solche Entwicklung eher auf aufeinanderfolgende starke Anstiege der Gesamtnachfrage. "Aus dieser Erfahrung lassen sich nur wenige nützliche Lehren ziehen, abgesehen davon, dass die Geldpolitik ein schwieriges Unterfangen bleibt", so der eher unbekannte Fed-Ökonom Jeremy Rudd. Vor diesem Hintergrund darf man gegenüber dem Erfolg der vorgesehenen Gegenmaßnahmen durchaus skeptisch bleiben, Neuland eben.