Gold Wochenausblick: Ausbruchsversuch in Richtung $2.000 vorerst gescheitert – Umfeld bleibt weiter günstig

April 12, 2022 13:30

Die Unsicherheiten auf der politischen Weltbühne wie auch jene wirtschaftlicher Natur bringen wieder zusehends Spannung in den Goldmarkt. Gold schnuppert Höhenluft - allerdings ist der Ausbruchsversuch in Richtung 2.000 USD bisher gescheitert.

  • Aktuelle Gold Analyse 12.04.2022: Chartanalyse, Wochenausblick, Setups und mehr – für aktive Daytrader
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Überblick: Gold, das große Bild

Einen guten Handelsstart erwischte der Goldmarkt am gestrigen Montag nach dem ausserordentlich ruhigen Verlauf der vergangenen Woche. Sogar die wichtige Widerstandsmarke um 1.960 Dollar geriet gestern Mittag ins Wanken, fiel letztendlich jedoch nicht. Besonders bemerkenswert war diese Aufwärtsberwegung angesichts des weiter ansteigenden US-Dollars und insbesondere der US-Anleiherenditen. Die der 10-jährigen US-Bundesanleihe beispielsweise legte im Zuge der aktuellen, vor  beinahe fünf Wochen gestarteten Rally in der Spitze um fast als 1,2 Prozentpunkte zu, das entspricht einem Plus von 70 Prozent. Anleihen, US-Dollar und natürlich Gold gelten als Save-Haven-Assets und sind derzeit allesamt gefragt. Interessant wird es besonders für letzteres, wenn die Realrenditen tatsächlich ins Plus drehen sollten, was trotz des Ausverkaufs am Bondmarkt jedoch immer noch nicht der Fall ist. Dennoch, die reale Benchmark-Rendite hat damit begonnen, mit einer Rückkehr in den positiven Bereich zu liebäugeln, was auf eine stärkere Erwartung einer Abkühlung der Inflation hindeutet. Unter dem Strich bleibt all dies, gerade auch in Kombination mit schwächelnden Aktienmärkten, Ausdruck der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Risiken. Nicht wenige, darunter auch namhafte Branchenvertreter, wie Goldman Sachs, sind zudem mehr und mehr besorgt, dass die Fed zum Einbremsen der gegenwärtigen Entwicklung tatsächlich eine Rezession auslösen müsste, da den äusseren preistreibenden Kräften nur schwerlich mit geldpolitischen Maßnahmen im bislang mehr oder weniger gewohnten Umfang Herr zu werden sein dürfte.

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Die heute anstehende Veröffentlichung der US-Verbraucherpreise (14:30  Uhr) wird einige Beachtung finden, der prognostizierte Zuwachs von 8,5 Prozent im Jahresvergleich würde immerhin den schnellsten Anstieg seit 1982 bedeuten. Die Daten des Statistischen Bundesamtes wiesen heute Morgen für Deutschland einen Anstieg der Großhandelspreise um sagenhafte 22,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat aus, im Vergleich zum Vormonat stiegen die Preise um 6,9 Prozent. Beides sind sie größten Anstiege seit Beginn der Berechnung dieser Indizes. Und der war immerhin im Jahre 1962. Für die USA erwarten die Ökonomen, dass sich die Inflationsrate dort im vierten Quartal wieder auf durchschnittlich 5,7 Prozent einpendeln wird, damit wäre sie  aber immer noch etwa dreimal so hoch, wie die Jahresrate in den Jahren vor der Pandemie und läge deutlich über dem Ziel der Federal Reserve von 2 Prozent. Der große Unterschied zu bisherigen Krisen zudem ist der, dass der ursprünglichen Auslöser der sich beschleunigenden Inflation, nämlich die vollkommen überschwängliche Geldmengenausweitung der vergangenen Jahre, nicht mehr ohne Weiteres mit dem entsprechenden Gegenmittel (Schrumpfung von Geldmenge und Bilanz) bekämpft werden kann, da weitere, gewichtige Faktoren in Form einer sich abzeichnenden, weitreichenden (und in Teilen bereits vorhandenen) Rohstoffknappheit sowie neuerlichen, potenziell sehr schwerwiegenden Lieferkettenproblemen (nicht nur wegen des Krieges, China und seine Corona-Maßnahmen gibt es ja auch noch), hinzugekommen sind. Und während sich die Augen vorwiegend auf den Energiesektor richten, da dieser das Inflationsgeschehen bislang weitgehend prägte, schicken sich nun Industriemetalle und Nahrungsmittel an, den unrühmlichen Staffelstab zu übernehmen. Da der Krieg in der Ukraine etwa die Hälfte der wichtigsten Exportpflanzen des Landes zu vernichten droht, könnte insbesondere die weltweite Lebensmittelinflation erheblich anziehen, und das, nachdem diese bereits im vergangenen Monat auf einen Rekordwert von 13 Prozent angewachsen ist. Hinzu kommt ein Mangel an Energie und Düngemitteln im Land, der die Anpflanzung von Getreide behindert, dies neben den Effekten der eigentlichen Kampfhandlungen selbstverständlich. Infrastrukturprobleme (Hafenschliessungen, Zerstörung von Lagerstätten) tun ihr Übriges. Seit Mitte 2020 liegt der von der UNO errechnete Preisanstieg des Nahrungsmittelsektors bei über 50 Prozent. Damit wurden auch die Niveaus von 2008 und 2011 übertroffen, die beide zu Lebensmittelkrisen geführt hatten. Große Marktteilnehmer positionieren sich entsprechend spekulativ, zumindest in dem Umfang, die die in dieser hinsichtlich mittlerweile bestehenden  ethischen Richtlinien ermöglichen. JPMorgen beispielsweise schätzt das Potenzial im Rohstoffsektor auf weitere 40 Prozent, die Nachfrage nach Inflationsschutz sollte hier die Allokation weiter erhöhen. Diese liegt zwar bereits über dem historischen Durchschnittswert, noch ist die Assetklasse jedoch nicht überzogen übergewichtet, was weitere Zuwächse ermöglicht.

Ebenso wie der Profimarkt greifen auch die kleineren Investoren und Private wieder zu. So waren beispielsweise die Zuflüsse in Gold-ETPs im März so hoch wie nie zuvor. Im Vergleich zum Vormonat haben sich die Zuflüsse in diese Vehikel auf einen Gegenwert von mehr als 11 Milliarden US-Dollar verfünffacht, womit diese Anlegergruppen auch einen Gutteil dazu beigetragen haben, das bisherige Allzeithoch des Goldpreises abermals anzukratzen. Seit Jahresbeginn sind die Bestände um insgesamt 8,3 Prozent angewachsen. Die russische Produktionssteigerung des vergangenen Monats (von 18,9 auf 19,6 Tonnen) fällt auf Grund der herrschenden Sanktionen nicht weiter ins Gewicht.

Gold - Betrachtung im 4h Chart und Setups für die kommenden Tage

Die Unsicherheiten auf der politischen Weltbühne wie auch jene wirtschaftlicher Natur bringen wieder zusehends Spannung in den Goldmarkt. Insbesondere die am heutigen frühen Nachmittag anstehende Veröffentlichung der US-Verbraucherpreise wird ein Volatilitäts-Event werden, erwartbar ist eine starke Reaktion, möglicherweise auch der Beginn einer ausdauernden Bewegung. Die offiziell prognostizierten 8,5 Prozent Preissteigerung dürften eher niedrig angesetzt sein. Sehr niedrig vermutlich, ein deutlich zweistelliger Wert ist tatsächlich realistischer. Dies brächte natürlich Zinserhöhungsrisiko mit sich, über das bisherige Maß hinaus, verdeutlichet aber auch, dass dieses Thema mittlerweile völlig aus dem Ruder läuft und die Situation mit „normalen Mitteln“ kaum noch zu klären sein wird. Für Gold waren Rezessionen, und darauf liefe es hinaus, stets gute Zeiten (mindestens in Relation zu anderen Anlageklassen).  


Markus Grüne
Markus Grüne Selbständiger Börsenhändler & Finanzmarktanalyst | Frankfurt am Main | (extern)

Über 14 Jahre Erfahrung als professioneller Händler und Market Maker für Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 Publikation eigener Börsenbriefe und Analysen mit Fokus auf Rohstoffe.