Gold Analyse: „Risk-Off“ setzt sich durch – hohe Volatilität erfordert jedoch starke Nerven

Februar 25, 2020 11:45
  • Aktuelle Gold Analyse: Chartanalyse, Wochenausblick, Set-Ups und mehr – für aktive Trader


Überblick: Gold, das große Bild

Alle die, die Spaß an Volatilität haben, dürften sich momentan im Goldmarkt mehr als wohl fühlen. Die in den vergangenen Kommentaren bereits erwähnten Nachfragesorgen, die sich aus einem nur moderaten Abschwung der chinesischen Konjunktur auch für den Goldpreis ergeben würden, sind, mit Blick auf die aktuelle Hausse, zunächst verflogen. Angesichts der nun offenbar auch weltweit eskalierenden Gesundheitssituation (Erkrankungen und Todesfälle in Südkorea, Japan, Italien, Naher und Mittlerer Osten…), mit immer realistischer werdenden schwerwiegenden Problemen auf Seiten der Realwirtschaft, wird großräumig in den „Risk-Off-Modus" geschaltet, gestern Vormittag konnte ein frisches 7-Jahreshoch markiert werden. Mit der Corona-Situation hat das Bullenlager auch weiterhin ein äußerst vielversprechendes Thema auf der Agenda, trotz der aktuellen scharfen Korrektur dieses in hohem Tempo etwas zu heiß gelaufenen Marktes. Denn die Möglichkeit eines schweren infektionsinduzierten wirtschaftlichen Kollaps bietet weiterhin erhebliches Kurspotenzial. Zum einen auf Grund der schon begonnenen und, im Falle einer Verschärfung der Situation, dann weitaus massiver einsetzenden Flucht in „sichere Häfen", und damit verbunden der Rotation von Investments aus anderen Asset-Klassen hin zu Gold. Aber auch, da in diesem Fall abermals große Mengen frischen Geldes ihren Weg in die Märkte finden müssen, denn weltweit weiter fallende Zinsen sind als Stimulationsmaßnahme ein realistisches Szenario. China selbst wirft aktuell alles in den Ring, was einigermaßen erfolgversprechend wirkt, um die Lage zu beruhigen, sowohl auf geldpolitischer Ebene als auch ganz direkt durch die zumindest teilweise Wiederaufnahme der Produktion oder wieder aktivierten Inlandsflugverbindungen, mit allen damit verbundenen persönlichen Risiken.

Von diesem derzeit beherrschenden Thema einmal abgesehen sei noch ein kurzer Blick auf die Gold-ETFs geworfen, die auch in der vergangenen Woche bemerkenswert hohe Zuwächse zeigten, und nun laut Bloomberg die höchsten Bestände seit 2012 aufweisen. Insbesondere die Schwergewichte BlackRock und Goldman Sachs zeigen sich schon länger als Goldbullen, mit Anteilserhöhungen am SPDR Gold Trust von 318 und 55 Prozent bereits im Q4 des vergangenen Jahres. Durchaus überraschen konnten die Daten bezüglich der Goldimporte Chinas aus der Schweiz via Hongkong, die sich im Vergleich zwischen Januar und Dezember vervierfacht haben. Trotz der dortigen Unruhen zu dieser Zeit. Dass die US-Einkaufsmanagerindizes am vergangenen Freitag zum ersten Mal seit langem wieder Werte von unter 50 anzeigten, unterstützt den aktuellen Switch von Risiko-Assets in Gold (und andere Edelmetalle), deutet sich die befürchtete konjunkturelle Kontraktion hier doch schon konkret an. Bereits merklich zugenommen hat der Handel mit Calls und Call-Spreads hoher Strikes (über $2.000), was für einen üblicherweise volatilitätsarmen Rohstoff wie Gold erstaunlich ist.

Nicht vergessen werden sollte jedoch die kombinierte hohe Longpositionierung der Non-Commercials und Non-Reportables. Deren Positionen haben sich im Wochenvergleich um 63.390 Kontrakte auf den neuen Extremwert von 421.664 Kontrakten erhöht, was bei einer Änderung des Sentiments erhebliches Verkaufspotenzial bietet. Da diese Daten dienstags erhoben werden, ist ein großer Teil des seitdem erfolgten Aufschwungs zudem noch gar nicht darin berücksichtigt!

Gold - Betrachtung im 4h Chart und Setups für die kommenden Tage

Die Folgen eines schon parabolischen Anstiegs in Kombination mit einer extrem einseitigen Positionierung auf Spekulantenseite zeigt sich lehrbuchmäßig in der Preisentwicklung zwischen Montagmittag und Dienstagmorgen. Gut 56 Dollar verlor Gold in der Spitze (oder 3,3 Prozent), bei hohem Umsatz. Dabei wurde das Opening Gap zum Wochenstart wieder geschlossen, das Reversal erfolgte dann ebenso lehrbuchmäßig im Bereich um $1.635, hier liegen die 38,2- und 61,8-Prozent-Retracements der letzten Aufschwünge. Aus technischer Sicht ist diese Korrektur mehr als gesund (ganz im Gegensatz zum fundamentalen Hauptthema), wurde damit doch die überkaufte Situation bereinigt.

Gold - Trading Setups:

Long-Setup: Mit dem heftigen Abverkauf der Höchststände von Montag wurde eine Menge Dampf aus dem Kessel gelassen, diese Preisbewegung fällt in die Kategorie „technische Korrektur". Die Goldbullen dürften dieses reinigende Gewitter begrüßen und die Region um das Eröffnungs-Gap der Woche ($1.650) als Einkaufsgebiet betrachten. Der Bereich um das Tief von Dienstagmorgen ($1.633) prädestiniert sich auf Grund des dort befindlichen Fibonacci-Clusters als Unterstützungsbereich, wenn auch der wiederholte Praxistest bisher ausblieb (vom morgendlichen Reversal einmal abgesehen). Stopps könnten kurz darunter platziert werden. Kann sich Gold in Kürze wieder oberhalb von $1.660 etablieren, dürfte diese Verkaufswelle auch psychologisch weitestgehend verarbeitet worden sein und einen abermaligen Test des kürzlichen Hochs wahrscheinlich machen. Über $1.690 liegt das nächste Kursziel im Bereich um $1.740.

Short-Setup: Sollte es nicht gelingen, die Marke von $1.660 zügig zurückzuerobern, bleibt Gold anfällig für weiteren Verkaufsdruck. Auf Grund der derzeitigen Rahmenbedingungen scheint es sinnvoll, diese Entwicklung zunächst abzuwarten und nicht in vorauseilendem Gehorsam zu agieren. Sprich, wird $1.660 überwunden und fällt der Preis dann wieder darunter, wäre dies der Trigger für neue Shorts. Auch, wenn sich der Markt an dieser Marke sichtbar erfolglos abarbeitet, dürften sich die Chancen für erfolgreiche Shorttrades erhöhen. Das nächste Ziel liegt dann bei $1.635, darunter um $1.615. Eine neue Rally dürfte im Bereich des Wochenhochs bei $1.690 zunächst zum Erliegen kommen, an dieser Stelle kann auf Rücksetzer spekuliert werden, dann wieder bis in den Bereich um $1.660.

  • Insgesamt dürften die kommenden Tage weiterhin sehr volatil bleiben, dies sollte sowohl bei der Wahl der Stopps, aber auch der Kursziele, berücksichtigt werden.


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Quellen: Eigenanalyse, genutzt werden die Charts vom MetaTrader 4.

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Markus Grüne
Markus Grüne Selbständiger Börsenhändler & Finanzmarktanalyst | Frankfurt am Main | (extern)

Über 14 Jahre Erfahrung als professioneller Händler und Market Maker für Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 Publikation eigener Börsenbriefe und Analysen mit Fokus auf Rohstoffe.