Gold Analyse: Richtungsweisende Impulse lassen auf sich warten
- Aktuelle Gold Analyse 19.01.2021: Chartanalyse, Wochenausblick, Set-Ups und mehr – für aktive Trader
Überblick: Gold, das große Bild
In der zurückliegenden Handelswoche zeigte sich die Preisentwicklung bei Gold vergleichsweise unspektakulär, nachdem die „bewegenden“ Themen der jüngeren Vergangenheit, wie beispielsweise die US-Wahl, samt Betrugsvorwürfen und unklarer Amtsübergabe oder diesseits des Atlantiks der Brexit, in den Hintergrund getreten sind. Somit bewegt sich das gelbe Edelmetall nach wie vor innerhalb seines breiten, Anfang August des vergangenen Jahres begonnenen Abwärtstrends. Neue Impulse für einen Preisschub in die eine oder andere Richtung blieben bislang aus, der gestrige Bankfeiertag in den USA (Martin Luther King Day) sorgte zudem für äußerst geringe Umsätze zum Wochenbeginn.
Nicht wenige blicken in diesen Tagen mindestens verwundert, wenn nicht besorgt, in Richtung USA und halten ihr Pulver trocken, solange, bis die Amtseinführung Joe Bidens tatsächlich reibungslos über die Bühne gegangen und Donald Trumps Möbelwagen das Weiße Haus endgültig verlassen hat. Nach den Vorgängen der vorvergangenen Woche am und im Washingtoner Kapitol bleiben tatsächlich leichte Zweifel, ob nun auch der letzte Schritt einer US-amerikanischen Präsidentschaftswahl (und immerhin handelt es sich bei diesem Land um die älteste bestehende Demokratie der Welt) in zivilisierter Weise gegangen werden wird. Wenn schon die gestrige Meldung über ein unglücklicherweise in Brand geratenes Zelt eines obdachlosen Menschen in der Nähe des Kapitols für einen zehn Punkt Rutsch im S&P sorgt, kann man sich ausmalen, wohin die Reise geht, falls tatsächlich etwas ernsteres passieren sollte. Nervosität ist offenbar vorhanden. Angesichts der Verlegung erheblichen militärischen Personals in die amerikanische Hauptstadt, die Rede ist von über 25.000 Soldaten, Nationalgardisten und Polizeikräften, dürfte die Sicherheit bei dieser praktisch virtuell abgehaltenen Veranstaltung ohne nennenswerte Publikumsbeteiligung allerdings gewährleistet sein.
Von Sicherheitsfragen und den Unwägbarkeiten, die eine fragiler gewordene amerikanische Gesellschaftsordnung mit sich bringen und die durchaus Potenzial für eine erneute „Flucht in Qualität“ bieten kann einmal abgesehen, dürfte es für die Finanzmärkte von Bedeutung sein, welchen Programmpunkt der dann frisch vereidigte US-Präsident als erste Amtshandlung umsetzen wird. Die unmittelbare Auszahlung der beschlossenen Corona-Hilfszahlungen, diesmal in Höhe von $1.400 pro Person, ist erwartbar. Insgesamt gehen die Märkte von einem Stimulationspaket von nahezu zwei Trillionen (deutschen Billionen) US-Dollar unter der neuen Regierung aus. Anders als noch unter Donald Trump sollen sich die neuen Staatshilfen weniger an das Großkapital, sondern direkt an Konsumenten und kleine und mittelgroße Unternehmen richten, was einen bei weitem Inflationärer wirkenden Effekt hätte. In dem seit Beginn diesen Jahres zu beobachtenden Anstieg der US-Anleiherenditen spiegelt sich diese Inflationserwartung bereits wider. Selbstverständlich notieren diese absolut gesehen auf lächerlich niedrigem Niveau, jedoch bedeutet ein Anstieg von knapp 0,9 Prozent zum Jahresbeginn auf aktuell rund 1,1 Prozent (in der Spitze auf 1,2 Prozent in der vergangenen Woche) einen Zuwachs von über 20 Prozent. Da die Finanzbranche die Welt relativ betrachtet, sind Anleihen tatsächlich nur augenscheinlich unattraktiv, setzt sich diese Tendenz dort fort, stehen sie zunächst durchaus in ernstzunehmender Konkurrenz zu Gold (und auch Aktien). Erst wenn der Inflationszug merklich ins Rollen kommt, wird Gold von diesem Argument auch nachhaltig profitieren können, dann jedoch, relativ gesehen, erheblich besser.
Momentan limitiert zudem der sich weiter verfestigende US-Dollar, wiederum unter dem relativen Blickwinkel betrachtet, absolut gesehen notiert die Weltleitwährung so tief wie seit April 2018 nicht mehr. Die unter Jerome Powell und Joe Biden zu erwartende Geld- wie Fiskalpolitik der USA macht eine Umkehr des seit April 2020 laufenden steilen Abwärtstrends jedoch nicht wahrscheinlich. Profitieren würde der Greenback, falls die EZB in Verbindung mit immer extremer werdenden Corona-Hilfsmaßnahmen einzelner (oder aller) EU-Staaten noch expansiver agieren würde als die Fed. Ein daraufhin erfolgender Wertzuwachs wäre natürlich auch kein Qualitätsmerkmal und spräche ebenfalls für persönliche Vermögensrettungsversuche mittels werthaltiger Assets. Überhaupt bleibt das Thema Corona weiterhin das entscheidende, insbesondere für die Rohstoffmärkte und innerhalb dieser auch für den Edelmetallsektor. Zwar zeigt China bereits bemerkenswert gute Zahlen, wie beispielsweise die starken Import-/Export-Daten der vergangene Woche. Rekordimportmengen von Basisrohstoffen, wie Rohöl, Kupfer, Kohle, Erdgas und Soya führen dort bereits zu merklichen Preissteigerungen. Damit sich die dortige punktuelle Inflation jedoch länder- und kontinentübergreifend manifestieren kann, wird eine deutliche Eindämmung der Pandemie nötig sein. Meldungen über neuerliche Ausbrüche in China selbst und die durchaus hinterfragungswürdigen Lösungsversuche der meisten betroffenen westlichen Staaten lassen dieses Ziel jedoch nicht sonderlich nah erscheinen.
Investoren zeigen sich angesichts dessen verunsichert. Allein am vergangenen Freitag verzeichneten die von Bloomberg beobachteten Gold-ETFs Abflüsse von über 310.000 Unzen, das war die größte Tagesreduktion seit Ende November. Wie schon im Marktkommentar der letzten Woche vermutet, führte der scharfe Abverkauf der Vorwoche zu einer deutlichen Reduzierung der Longpositionen spekulativer Marktteilnehmer. Gemäß des aktuellen COT-Reports (dessen Daten am 12.01. erhoben wurden) sank deren Nettolongposition um über 38.000 Kontrakte und liegt damit entspannt in der Nähe der niedrigen Stände von Mai 2019. Damals begann Gold seine bis August 2020 dauernde Rally. Wenn auch die aktuellen Nachfragesorgen nicht ausgeräumt sind und kurzfristig keine vergleichbare Hausse zu erwarten ist, so handelt es sich bei Gold auch nicht um einen überlaufenden Markt, was sukzessives akkumulieren auf jetzigem Niveau rechtfertigt.
Gold - Betrachtung im 4h Chart und Setups für die kommenden Tage
Im Vergleich zur Vorwoche hat sich die charttechnische Situation für Gold nicht wesentlich verbessert. Der zuvor erfolgte scharfe Abverkauf fand zum Wochenstart sein Ende, seitdem pendelt sich das Edelmetall in einer etwa 40 Dollar breiten Seitwärtszone ein. Deren Grenzen (bei rund $1.825 und $1.864) gilt es im Auge zu behalten. Die nächsten Tage dürften wieder Bewegung in die Finanz- und Rohstoffmärkte bringen. Insbesondere zwischen Dienstagnachmittag und Donnerstag sollte die Volatilität in Erwartung der sehr speziellen Amtseinführung des neuen amerikanischen Präsidenten und dessen möglichen ersten Amtshandlungen wieder anziehen. Ein Ausbruch aus dem genannten Bereich könnte dann die Richtung für die folgenden Tage vorgeben, bis dahin heißt es abwarten.
P.S.: Der zum Wochenbeginn erkennbaren Spike hinunter bis auf $1.802 hat keinerlei Relevanz. Diese Preisbewegung ist die bloße Folge einer Reihe nächtens ausgelöster Stopp-Orders im Bereich der Unterstützung bei $1.825, die auf ein um diese Zeit vollkommen illiquides Orderbuch trafen. Es ergibt im Goldmarkt (u.a.) durchaus Sinn, Stopp-Loss-Orders lediglich tagesgültig einzustellen und die asiatische Sitzung auszulassen.
Gold: Die Trading Setups
Long-Setup: Die zu Beginn der vergangenen Woche eingeleitete Seitwärtsbewegung hat sich nun nach dem vorausgegangenen und bemerkenswert scharfen Abverkauf im Bereich zwischen rund 1.825 und 1.864 Dollar stabilisieren können. Auf aktuellem Niveau um $1.840 handelt Gold im Niemandsland, es ist zwar kein Verkaufsdruck mehr zu spüren, die Bullen sind allerdings auch noch nicht erwacht. Für neue Longs bietet sich daher zum einen die Unterseite dieser Zone an, zum anderen kann ein dynamischer Ausbruch über dessen obere Begrenzung der Trigger zum Aufspringen auf den wieder anfahrenden Zug sein. Erster bedeutsamer Widerstad stellt sich jedoch bereits um Bereich um $1.870 ein, dort treffen sich zwei relevante Fibonacci-Levels (38,2% des jüngsten Abverkaufs und 50-Prozent-Retracement der Allzeithoch-Rally von 2020), zudem ist diese Region auch „klassisches“ Widerstandsniveau. Kurz darüber, momentan bei rund $1.885, befindet sich die Oberkante des seit August laufenden Abwärtstrends. Auch dessen Überwindung dürfte nicht leicht werden, der jüngste Versuch zum Jahresbeginn scheiterte bereits nach wenigen Tagen. Kurz gesagt, kann das bullishe Szenario auf der kurzen Zeitebene durchaus gespielt werden, man sollte jedoch die zahlreichen Möglichkeiten für Gewinnmitnahmen nicht ungenutzt lassen. Die vielzitierten „starken Hände“ sind erst bei wirklich überzeugender Dynamik angerarten.
Short-Setup: Der Goldmarkt zeigt sich zwar stabilisiert, wirkt jedoch weiterhin fragil und eher abwartend mit aktuell wenig überzeugender Aufwärtstendenz. Die in den kommenden Stunden und Tagen zu erwartenden steigende Volatilität könnte Gold durchaus wieder ein die Nähe der schon oben genannten Widerstandsbereiche führen, dort lägen dann antizyklische Shorteinstiege. Taktisch bietet sich ein gestaffelter Positionsaufbau an, in der Nähe der Marken $1.864, $1.870 und $1.885, der Stopp für die Gesamtposition könnte dann kurz über der Oberseite des übergeordneten Abwärtstrendkanals liegen. Falls Gold seine fallende Tendenz aus der Vorwoche wieder aufnimmt, kann ein Unterschreiten des Tiefs dieser Bewegung bei rund $1.815 der Einstiegspunkt sein. Unterhalb dessen ist viel Platz, die nächsten Ziele liegen bei zunächst $1.790, dann $1.750. Die Unterseite des laufenden Abwärtstrends befindet sich momentan bei rund $1.714 (im Wochenverlauf bis auf rund $1.702 fallend) und geriete schon danach unmittelbar in den Fokus.
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