Gold Analyse: Gold verkraftet 75-Basispunkte-Paukenschlag problemlos – Seitwärtsphase dauert an
Über mangelnde Volatilität wird sich aktuell wohl niemand beschweren, eine wirklich klare Richtung fehlt, zumindest dem Goldpreis, allerdings weiterhin. Das preisbewegende Großereignis der vergangenen Woche war selbstverständlich der mit 75 Basispunkte größte Zinsschritt der US-Zentralbank seit 1994, noch ergänzt um die Ankündigung eines weiteren großen Schrittes im kommenden Monat durch dessen Vorsitzenden Jerome Powell.
- Aktuelle Gold Analyse 21.06.2022: Chartanalyse, Wochenausblick, Setups und mehr – für aktive Daytrader
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Über mangelnde Volatilität wird sich aktuell wohl niemand beschweren, eine wirklich klare Richtung fehlt, zumindest dem Goldpreis, allerdings weiterhin. Das preisbewegende Großereignis der vergangenen Woche war selbstverständlich der mit 75 Basispunkte größte Zinsschritt der US-Zentralbank seit 1994, noch ergänzt um die Ankündigung eines weiteren großen Schrittes im kommenden Monat durch dessen Vorsitzenden Jerome Powell. Die politischen Entscheidungsträger erhöhten damit die Erwartungen auf einen Mittelwert des US-Leitzinses von 3,8 Prozent gegenüber zuvor 2,8 Prozent im nächsten Jahr. Darüber hinaus überraschte die Schweizerische Nationalbank die Märkte mit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte, der ersten Zinserhöhung seit 2007. Alle von den Nachrichtenagentur Bloomberg im Vorfeld der Entscheidung befragten Ökonomen hatten bei der Sitzung am Donnerstagmorgen überhaupt keine Änderung erwartet.
Interessanterweise hat Jerome Powell diesmal auf der auf die Zinssatzentscheidung folgenden Pressekonferenz dem Ölpreis eine ganz besondere Bedeutung beigemessen. Wie Sie wissen, zeichnet eben jener zu einem Gutteil für den in der Vorwoche mit plus 8,6 Prozent vermeldeten massiven Anstieg des US-Verbraucherpreisindex verantwortlich und gab wohl auch den Ausschlag für Powells Abweichung vom ursprünglichen 50-Basispunkte-Plan. Nun kann man sich fragen, warum ein Inflationsanstieg, der auf einen externen Schock, namentlich den Krieg in der Ukraine, zurückzuführen ist, also nichts mit der zugrundeliegenden Nachfrage zu tun hat, ein Grund für eine weitere Zinsanhebung sein sollte? Powell beantwortete diese Frage in seiner Presseerklärung eindeutig, indem er darauf hinwies, dass eben neben dem Verbraucherpreisindex noch ein weiterer Datenwert veröffentlicht wurde, und zwar die Stimmungsumfrage der University of Michigan, in der die Befragten unter anderem ihre eigenen Inflationserwartungen nennen. Und diese Zahl stieg im Berichtsmonat von drei auf 3,3 Prozent. Nachdem dieser, die Inflationserwartungen widerspiegelnde Wert, längere Zeit unverändert geblieben war, gab dessen Anstieg nun den Ausschlag für ein beherzteres Eingreifen der Notenbank. Und er sagte noch etwas weiteres wichtiges, nämlich, dass die Zentralbanker in der Regel die "Kerninflation" betrachten (bei der die volatilen, globalen Preise ausgeklammert werden), dass aber für die Öffentlichkeit die Gesamtinflation die eigentlichen Erwartungen bestimmt. Das ergibt auch Sinn, denn eben jene Öffentlichkeit unterscheidet im Grunde nicht zwischen Kerninflation und Nicht-Kerninflation. Die Menschen sehen den Ölpreis (respektive den Preis an der Zapfsäule), somit bestimmt auch die Gesamtinflation, ganz unabhängig von deren Ursache, die Inflationserwartung. Dies ist die Denkweise der Fed und darum nimmt sie nun insbesondere als Reaktion auf den Ölpreisanstieg eine restriktivere Haltung ein. Powell machte zum ersten Mal sehr deutlich, dass die US-Notenbank im Ölpreisanstieg die eigentliche Bedrohung für die Inflationserwartungen sieht, und man muss nun nicht einmal mehr zwischen den Zeilen lesen können, um zu verstehen, dass die Senkung des Ölpreises mittlerweile zum obersten Ziel der US-Politik geworden ist. Ob dieses Ziel mit den vorgesehenen Mitteln (Anzapfen der strategischen Reserven, Sondersteuern für Ölunternehmen, Exportstopps, etc.) erreichbar ist, bleibt fraglich, wichtig ist aber, dass der Blick über den Tellerrand hinaus, in Richtung WTI, gute Hinweise auf die Gedankengänge der Fed-Beamten hinsichtlich deren kommender Zinssatzentscheidungen geben kann und damit begründbare Rückschlüsse über die zukünftige Richtung von Dollar, Zinsen und eben auch Gold zu ziehen sind.