Gold Analyse: Gold bricht abermals kräftig ein – Stabilisierung läuft, steht jedoch auf sehr wackeligen Beinen
Gold steht auf wackeligen Beinen, obwohl eine Stabilisierung derzeit schon auszumachen ist!
- Aktuelle Gold Analyse 12.07.2022: Chartanalyse, Wochenausblick, Setups und mehr – für aktive Daytrader
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Überblick: Gold, das große Bild
Schon kurz nach Erscheinen des letzten Gold-Kommentars zeigten sich die Bären wieder einmal von ihrer besten Seite und versetzten Gold bereits am Dienstagnachmittag den ersten Schlag der vergangenen Woche. So lag der Schlusspreis beinahe 50 Dollar unter dessen Tageshoch, das Wochentief bei $1.732 folgte in einem zweiten Absturz unmittelbar darauf. Eine nennenswerte Gegenreaktion blieb nach diesem insgesamt 80 Dollar-Rutsch, ein Minus von immerhin 4,5 Prozent in wenigen Stunden, bisher aus, was leider kein gutes Zeichen ist, insbesondere auch angesichts der indikatorseitig massiv überverkauften Situation. Die Konsolidierung läuft seit dem frühen Mittwochabend der vergangenen Woche sehr fragil im charttechnischen Niemandsland, ausgestanden ist das Thema noch nicht.
Massiver Gegenwind kam, und kommt weiterhin, wieder einmal von der Währungsseite, der US-Dollar hält seine Gewinne auf dem höchsten Stand seit zwei Jahrzehnten, da die Anleger angesichts der Befürchtungen einer sich deutlich verlangsamenden Weltwirtschaft in die vermeintliche Sicherheit der Währung fliehen. Der Euro handelt mittlerweile auf dem niedrigsten Stand seit Ende 2002, angesichts berechtigter Zweifel an der Fähigkeit der Europäischen Zentralbank, ihre Zinssätze so stark wie erwartet (und nötig) überhaupt anheben zu können, wodurch der Euro zum Opfer einer sich ausweitenden Zinsdifferenz wird. Wie schon in der vergangenen Ausgabe kurz beschrieben, verlagert sich die Marktpsychologie derzeit zusehends weg vom Inflationsthema hin zu deutlich wachsenden Rezessionssorgen. Der parallel zu beobachtenden Einbruch weiterer Rohstoffsektoren, insbesondere Energie, Getreide und Industriemetalle, kreiert einen Abwärtssog, der erwarten lässt, auch den Investmentbedarf im Edelmetallbereich weiter zu beeinträchtigen. Die Abflüsse aus den entsprechenden Gold-ETFs verminderten deren Bestände im Vergleich zum Beginn des Jahres auf ein Plus von aktuell nur noch knapp sechs Prozent. Mittelfristig dürfte der Dollar der maßgebliche Bremsschuh für den Goldmarkt bleiben, angesichts weitverbreiteter Rezessionsängste in Kombination mit den noch bevorstehenden Zentralbankaktionen zur Eindämmung des Inflationsgeschehens. Diesbezüglich steht schon Morgen (Mittwoch, 14:30 Uhr) mit der Veröffentlichung des US-Verbraucherpreisindex der nächste wichtige Datenpunkt an. Ein Plus von einem Prozentpunkt im Monatsvergleich entspräche den Erwartungen, mehr als das würde nicht nur für die nächste, sondern auch die darauffolgende Zinssatzentscheidung der US-Notenbank wieder Zinserhöhungen von jeweils 75 Basispunkten ins Gespräch bringen. Mit anderen Worten, Gold (und andere Edelmetalle) befindet sich derzeit in einer Position, wo schwache Inflationsdaten nötig sind, um den Dollar-Bullen die Kraft zu nehmen, gleichzeitig mit nachlassenden „Rezessionsangstverkäufen“ in anderen physischen Rohstoffklassen. Diese Angstverkäufe wiederum sind zu einem nicht unerheblichen Teil dem Blick in den fernen Osten geschuldet. Selbst wenn sich das Bild in der westlichen Hemisphäre aufhellen sollte, könnte das weiterhin über der Weltwirtschaft schwebende chinesisches Corona-Damoklesschwert allem wieder der Garaus machen, sollte die chinesische Regierung abermals Teile Shanghais und anderer Städte in den Lockdown schicken. Weitere Maßnahmen dieser Art würden die schon erhöhten Rezessionsängste weiter verstärken, mit hoher Wahrscheinlichkeit abermals aggressive Verkäufe im Rohstoffsektor auslösen und dann auch Gold wieder in Mitleidenschaft ziehen.
Die US-Arbeitsmarktdaten der vergangenen Woche überraschten mit einem unerwartet hohen Wachstum der Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft (Non-Farm-Payrolls). Während man sich dabei auf einen im Monatsvergleich deutlichen Rückgang eingestellt hatte, fiel dieser dann tatsächlich lediglich marginal aus - und mit absolut plus 372.000 Beschäftigen durchaus beindruckend hoch - bei gleichbleibend moderater Arbeitslosenquote und nur geringem Lohndruck. Hätte man ausschließlich diese Daten zur Verfügung, würde man auf eine Volkswirtschaft mit starkem Wachstum und stagnierender Inflation schließen können… Nach den jüngsten Prognosen von Bloomberg Economics liegt die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession im nächsten Jahr allerdings bei etwa 30 Prozent, im Euroraum nochmals deutlich höher. Ohne die Sachkenntnis der Experten in Abrede stellen zu wollen bleibt dennoch zu konstatieren, dass sich die aktuelle Situation deutlich von früheren Rezessionsphasen unterscheidet (zumindest noch). Natürlich kämpfen die Menschen mit zum Beispiel schrumpfenden Ersparnissen, negativem Reallohnwachstum, anhaltenden Warenengpässen und dergleichen mehr. Aber solange Investitionen, Konsum und Beschäftigung immer noch wachsen, darf man vorsichtig optimistisch bleiben. Wichtig wird der Verlauf der beginnenden Gewinnsaison. Nach einem turbulenten ersten Halbjahr für die weltweiten Aktienmärkte wird es spannend zu sehen, ob sich die Unternehmensgewinne halten oder ob diese ihre Prognosen angesichts der zunehmenden Bedrohung der Nachfrage senken werden. Auch hier könnte der Anstieg des Dollars massiven Gegenwind für die Gewinne der großen US-Unternehmen bedeuten und ein weiterer Grund für die Eintrübung der Gewinnaussichten sein.