Gold Wochenausblick: Ausverkauf zum Wochenstart – Kapitulationstief nun erreicht?

Mai 17, 2022 14:10

Gold drehte gestern Vormittag mit sehr viel Momentum wieder nach oben ab und handelt aktuell in der Nähe seines schwachen Widerstands bei $1.830. Sowohl auf der kurz- wie mittelfristigen Zeiteinheit lässt sich dieses Muster als klassische Kapitulationsbewegung interpretieren, womit nun ein Trendwechsel wahrscheinlich wird.     

  • Aktuelle Gold Analyse 17.05.2022: Chartanalyse, Wochenausblick, Setups und mehr – für aktive Daytrader
    ✅ Gold News ✅ Gold Aktuell ✅ Gold Prognose

Der Ausverkauf im Edelmetallsektor setzte sich auch in der vergangenen Woche fort, Gold notierte im Laufe des gestrigen Vormittags zwischenzeitlich unterhalb seines Tiefs vom 03. Januar. Anleihen und Aktien zeigten sich in den letzten Tagen in ähnlich schlechter Verfassung, der amerikanische S&P 500-Index unterschritt zum ersten Mal seit mehr als einem Jahr die Marke von 4.000 Punkten, während die US-Anleiherenditen auf ein neues Zyklushoch kletterten. Die Kombination aus steigenden Zinsen und einer möglichen Rezession bei sich fortsetzender Inflation fordert die Märkte zunehmend heraus. Hinzu kommt die anhaltende Dollarstärke.

Darüber hinaus hat sich die allgemeine Rohstoffhausse doch spürbar entschleunigt, insbesondere auch deshalb, weil China, als wichtiger Verbraucher, einen immer höheren Preis für seine "Null-Covid-Politik" zahlt. Die zum Wochenbeginn veröffentlichten Daten zu Industrieproduktion und den Einzelhandelsumsätzen sind auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Pandemie gesunken, und eine schnelle Erholung ist nicht in Sicht. Die chinesische Zentralbank verzichtete dennoch auf die vielfach erwartete Zinssenkung, obwohl sich die Anzeichen für eine drastische Verlangsamung des Wirtschaftswachstums häufen. Möglicherweise sind die politischen Entscheidungsträger dort weniger besorgt über eine auch dort heraufziehende Rezession als über die möglichen Kapitalabflüsse, die in Folge einer Abwertung der eigenen Währung einsetzen könnten.

A propos Rezession: nicht nur, dass Lloyd Blankfein, Goldman Sachs´ Ex-CEO, am Wochende mit deutlichen Worten vor den wirtschaftlichen Zukunftsaussichten der USA warnte („sehr, sehr hohes Risiko“ einer Rezession) und unabhängig davon die Ökonomen der Bank ihre Wachstumsprognosen für dieses Jahr von 2,6 Prozent auf 2,4 Prozent senkten. Auch Fed-Chef Jerome Powell, der übrigens gerade vom Senat für eine weitere vierjährige Amtszeit an der Spitze der Finanzbehörde bestätigt wurde, klingt immer mehr danach, als ob er genau diese Entwicklung erwarte. Es dauerte jedenfalls nur etwas mehr als eine Woche, bis er von seiner Zuversicht, dass die US-Notenbank mit ihrer Politik eben jene Rezession vermeiden und eine „weichartige“ (softish) Landung erreichen könne, bis zu seiner Bemerkung, ein möglicher Abschwung würde ausserhalb ihrer Kontrolle liegen. Klingt so, als hätte man den Eisberg nun entdeckt. Den Spekulationen über eine kommende stärkere Zinserhöhung hat Powell medienwirksam widersprochen, wohl auch angesichts der US-Inflationsdaten für April, was ja der grosse Datenpunkt der vergangenen Woche war. Die leichte Abschwächung der jährlichen Gesamtrate auf 8,3 Prozent (vs. 8,5 Prozent zuvor) interpretieren nicht wenige als „Peak Inflation“, also dem Ende der Fahnenstange. Er liegt aber immernoch hoch genug um weitere 50-Punkte-Zinsschritte durchzusetzen, möglicherweise aber nicht mehr. Damit sind die im Raum stehenden 75-Basispunkte wohl (zunächst) vom Tisch, möglicherweise bedeutet dies auch das Ende der seit Anfang März beschleunigt steigenden Benchmarkrenditen im Anleihesektor. Immerhin liess sich in der vergangenen Woche eine Verschiebung beobachten, bei der die Staatsanleihen nicht mehr parallel zu insbesondere den Aktienmärkten fielen. Dies könnte der Punkt sein, an dem wirtschaftliche Sorgen (oder „Marktsorgen“) beginnen, den Kurs der Fed zu beeinflussen. Das war bis vor kurzem noch nicht der Fall. Damit einhergehend könnten auch die zinslosen Assets ihren Boden erreicht haben.  

Jetzt Gold CFDs handeln

Traden Sie das weltweit beliebteste Edelmetall zu Top-Konditionen!

 

In Europa deuten die Prognosen auf drei kommende Zinserhöhungen bis Jahresende und eine Anhebung des Leitzinses über die Nulllinie hin. Unterdessen senkte die Europäische Union ihre eigene Annahme für das Wachstum des Euroraums im Jahr 2022 und verdoppelte fast ihre Schätzung für die Inflation. Immerhin nähert sich diese dem Vierfachen des Zwei-Prozent-Ziels der Bank, und so  signalisierte Christine Lagarde am Mittwoch Bereitschaft, in zwei Monaten die erste Zinserhöhung seit 2011 vorzunehmen. Dabei solle der Prozess der Erhöhung des Ausstiegs aus der Unter-Null-Geldpolitik "schrittweise" erfolgen. Stunden später wurde bekannt, dass die Beamten nicht nur für eine Erhöhung um einen Viertelpunkt im Juli, sondern für mindestens zwei weitere Erhöhungen in dieser Größenordnung bis Januar offen sind. Deutschlands Großhandelspreise, die ja hauptsächlich von Rohstoffen und Vorprodukten getrieben werden, tragen sicher ihren Teil zu dieser Entwicklung bei, die gestrige Veröffentlichung der April-Daten zeigt mit einem Plus von 23,8 Prozent die höchste jährliche Veränderung seit 1962 an. Und das vermutlich auch nur, weil die Daten erst seit dem erhoben werden.


NEU: Aktien 2.0 - der tägliche Aktien Podcast von Admirals

Börsentäglich neu die heissesten Aktien des Tages von den US und deutschen Märkten. Hier bei Spotify


Neben Inflations- und Zinsentwicklung bleibt die zukünftige Richtung des Dollars der dritte entscheidende Faktor für Gold. Bislang hatte US-Finanzministerin Janet Yellen immer wieder die Vorteile eines schwächeren Dollars für die US-Wirtschaft hervorgehoben, am vergangenen Mittwoch tat sie jedoch ganz das Gegenteil und wies in einer kurzen, aber vielsagenden Bemerkung darauf hin, dass eine weitere Währungsaufwertung für die Inflationsbekämpfung hilfreich sei. Das führte zwar ultimativ zu einem wachsenden Handelsdefizit, aber da das große, auch politische, Ziel (joe Biden hat das jüngst noch einmal unterstrichen) die Inflationseindämmung ist, droht aus dieser Richtung weiter Gefahr. Das die EZB nun aufholt im Zins-Rennen ist gut, weil dies wieder Fahrt aus dem Dollar nimmt.

Nach dem kräftigen Abverkauf der vergangenen Wochen steht Gold sowohl fundamental als auch technisch an einem wichtigen Punkt. Nach gutem Start ins laufende Jahr ist das Edelmetall momentan nur sehr knapp im Plus (gegen Dollar), die Großwetterlage aus beginnendem Zinserhöhungszyklus, Bilanzschrumpfungsmaßnahmen und mit unklaren, gegeneinander wirkenden Inflations- und Rezessionssituationen bleibt sehr herausfordernd. Technisch ist das jetzige Niveau auf den lang- wie kurzfristigen Zeiteinheiten bedeutungsvoll und kann der Startpunkt kräftiger Preisbewegungen sein. In beide Richtungen. Investoren mit eher klassich ausgerichteten Anlagezielen (Inflationsschutz, Werterhalt, Portfoliostabilität, Geldfunktion) werden sich an dieser Stelle wieder engagieren,  kurzfristiger orientierte Händler möglicherweise noch nicht (bzw. zunächst in anderer Richtung). Die Bestände der Gold-ETFs verringerten sich auch in der vergangenen Woche weiter, insgeamt flossen 1,1 Mio. Unzen ab, womit sie nur noch 7,5 Prozent über denen zum Jahresende liegen. Betrachtet man den Commitment-of-Traders-Report der vergangenen Woche, zeigt sich mit dem Anfang März begonnen Trend der Commercials, die Hegdes ihrer Produktion im fallenden Markt weiter abzubauen (sprich, Futures zurückzukaufen), ein positives Bild. Interessanter noch wird der kommende COT-Report (Freitag), der Aufschluß darüber geben wird, wie sehr das sogenannte „Smart Money“ den 70 Dollar-Rutsch des jüngsten Erhebungszeitraums für Zukäufe genutzt hat.

Gold - Betrachtung im 4h Chart und Setups für die kommenden Tage

Das in der vergangenen Woche als mögliches Ende des seit Mitte April laufenden Abwärtstrends angesprochene Doppeltief hielt dem schon am Dienstag folgenden Test nicht stand. Der Durchbruch des kurz darunter verlaufenden 78,6-Prozent-Retracements der Ende Januar begonnenen Rally in Richtung Allzeithoch gab dann den Weg nach unten endgültig frei. Das daraus abgeleitete Kursziel von etwa $1.780 wurde allerdings nicht ganz erreicht. Kurz darüber, bei $1.787, drehte Gold gestern Vormittag mit sehr viel Momentum wieder nach oben ab und handelt aktuell in der Nähe seines schwachen Widerstands bei $1.830. Sowohl auf der kurz- wie mittelfristigen Zeiteinheit (Vier-Stunden- bzw. Tageschart) lässt sich dieses Muster als klassische Kapitulationsbewegung interpretieren, womit nun ein Trendwechsel wahrscheinlich wird.     

Gold: Die Trading Setups

Long-Setup: Wie schon einleitend beschrieben, lässt der Verlauf des gestrigen Handelstags auf eine Trendumkehr schließen. Candlestick-Anhänger werden im Tageschart ein bullish engulfing Pattern erkennen, der Vier-Stunden-Chart zeigt einen nicht ganz perfekten Hammer. Die seit Erreichen des gestrigen Tiefs erfolgende Aufwärtsbewegung verliert aktuell am (leichten) Widerstand um $1.830 am Kraft, mit Blick auf die Marktstruktur wäre bei einem Rücksetzer in den Bereich von etwa $1.815 ein frischer Longeinstieg sinnvoll. Ebenso prozyklisch bei einer raschen Fortsetzung der Bewegung über die 1.830-Dollar-Marke hinaus. Das nächstliegende Ziel befindet sich dann bei $1.850. Im Chart gut erkennbar sind die Oberseiten der beiden ineinander verlaufenden Abwärtstrends. Der Bruch des 1.830-Widerstands würde die erste klären, fällt $1.850 ist auch die zweite, bedeutendere, hinfällig. Oberhalb von $1.850 ist $1.875 das nächste leichte Ziel, dann $1.900. Bricht Gold noch einmal ein, ergibt sich die nächste Kaufgelegenheit um 1.800 Dollar. Ein sinnvolles Stopp-Loss kann unterhalb des gestrigen Tiefs platziert werden. 

Short-Setup: Nach der kräftigen Aufwärtsreaktion, die Gold nach Erreichen des gestrigen Tagestiefs gezeigt hat, verliert diese Bewegung nun nach mehr als 40 Dollar an Fahrt. In Erwartung einer darauf folgenden technischen Gegenreaktion bieten sich vorsichtige Verkäufe am Widertand bei $1.830 an. Eine an dieser Stelle eröffnete Shortposition nähme als sinnvolles Ziel den Bereich um $1.800 in den Fokus, bei eine kurz oberhalb der 1.830-Dollar-Marke platzierten Stopp-Loss-Order ergäbe sich ein nicht uninteressantes Chance-/Risiko-Profil. Hält die wichtige Unterstützung bei $1.800 nicht und unterschreitet Gold sein gestriges Tagestief ($1.787) droht ein weiterer 35-Dollar-Fall bis in den Bereich um $1.750. Prozyklische Verkäufe unterhalb von $1.787 haben große Erfolgsaussichten, zudem lässt sich das Risko mit recht eindeutigen Stopp-Marken gut begrenzen. Falls Gold seine gestern eingeschlagene Richtung beibehält, sollte man sich dieser bis zunächst $1.850 nicht entgegenstellen. Dieser Widerstand ist jedoch schwer, was einen auch deutlicheren Rücksetzer von dort aus wahrscheinlich macht. Das Ziel liegt dann gut 20 Dollar tiefer.

 

Frische Analyse Tages-Updates, jeden Morgen vor 09 Uhr neu für aktive Daytrader:

Handelsoptionen für Gold in beide Marktrichtungen mit CFD

Geht man von steigenden Kursen bei Gold aus, kann der risikobewusste Trader eine BUY-Position aufgeben. Geht man von fallenden Kursen aus, tätigt man eine SELL-Order. Wenn die Handelsstrategie aufgeht und der Händler auf der richtigen Marktseite ist, können in beiden Richtungen des Marktes Tradinggewinne erzielt werden. Geht die Handelsstrategie nicht auf, macht der Trader Verluste. Der Hebel bis zu 1:20 im Gold CFD multipliziert dabei die möglichen Gewinne oder Verluste.

Möchten Sie Gold als Daytrader aktiv handeln? Dann eröffnen Sie ein Demo-Handelskonto bei Admirals oder starten Sie mit einem Live-Handelskonto unter realen Bedingungen. 

 

Quellen: Eigenanalyse, genutzt werden die Charts vom MetaTrader 4. 

► Handeln Sie verantwortungsvoll ◄
Diese Informationen dienen lediglich der allgemeinen Information und stellen keine unabhängige Finanzanalyse und keine Finanz- oder Anlageberatung dar. Es sollte nicht als maßgebliche Entscheidungsgrundlage für eine Anlageentscheidung herangezogen werden. Insbesondere berücksichtigen die Informationen nicht die individuellen Anlageziele oder finanziellen Umstände des einzelnen Investors. Die Autoren können ganz oder teilweise in den besprochenen Werten investiert sein. Obwohl die Autoren und das Unternehmen Admirals nicht ausdrücklich darauf beschränkt sind, vor der Umsetzung unserer Analysen, Meinungen, Publikationen oder Artikel zu handeln, versuchen wir diese nicht zu nutzen, bevor sie den Kunden zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich um eine Werbemitteilung, welche nicht allen gesetzlichen Vorschriften zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Finanzanalysen genügt und keinem Handelsverbot vor der Veröffentlichung der Analysen unterliegen.

Markus Grüne
Markus Grüne Selbständiger Börsenhändler & Finanzmarktanalyst | Frankfurt am Main | (extern)

Über 14 Jahre Erfahrung als professioneller Händler und Market Maker für Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 Publikation eigener Börsenbriefe und Analysen mit Fokus auf Rohstoffe.